Guido Wertheimer
Jason verfolgt die Spuren seiner jüdischen Vorfahren – eine Reise zu den eigenen Wurzeln, die ihn bis nach Tel Aviv führen wird. Es ist eine Welt, in der Götter versteckt unter uns weilen, gut getarnt unter den Sterblichen. Dort, wo uns Geister und das unvorstellbare Leid der Gegenwart heimsuchen. In Wien begegnet Jason dem geheimnisvollen Hacker Liebeskind, der sich zusammen mit einer Aktivistengruppe Zugriff auf Bankkonten verschafft, um altes Nazi-Vermögen aufzuspüren. Die Begegnung der jungen Männer ist schicksalshaft: Zwei Lebensfäden werden verzwirnt, wie von den Schicksalsgöttinnen gesponnen. Unter dem allsehenden Blick von Hera – der Blauen Göttin – entwickelt sich eine zarte Liebesbeziehung, die, noch bevor sie wirklich beginnt, ein tragisches Ende findet.
Guido Wertheimers Stück ist eine Invokation, in der Göttinnen und Geister der Vorfahren den Weg weisen. Eine schmerzhafte Auseinandersetzung mit der Frage, die bereits in antiken Mythen verhandelt wird: Muss Gewalt unausweichlich sein?
"Eine anspruchsvolle Bildbeschreibung in offener Poesie, die auch Ausgänge, auch Türen hat. Gleichzeitig ein flammendes Plädoyer, die Gewalt zu stoppen." (Jury-Begründung)
Nachtkritik
Das Stück hat einen sehr besonderen Ton: schwebend, flirrend und poetisch. Vieles ist verschwommen – wie das Foto des Rehs. Es vereint magischen Realismus mit einem schwulen Roadmovie – und es hat eine mythologische Ebene.
taz
Seine Stücke sind politisch, weil sie versuchen, antipolitisch zu sein. Sie verweigern kollektive Vereinnahmungen, beharren auf Singularität und der Möglichkeit einer Vergesellschaftung jenseits von Macht. „Zusammensein ist eine futuristische Idee“, heißt es im Geisterstück.
Was die Texte Guido Wertheimers vor allem auszeichnet, ist die Sprache, die nicht seine ist, aber seine geworden in wenigen Jahren vom C1-Zertifikat zu einem der interessantesten jungen Dramatiker deutscher Sprache. Seine Sätze sind von randloser Präzision, die für viele Autoren, die in ihrer Zweitsprache schreiben, charakteristisch ist.
Die PresseDer Text ist symbolbeladen, imitiert die Gravität antiker Vorbilder, zieht sie in die Gegenwart, stützt sich auf Wort-Titanen im Gestus eines Tragödienchors. Wie Orakelsprüche überkommt die Darstellenden zuweilen ein rasender Redeschwall, dann warnen sie das Publikum vor drohendem Unheil. Angesichts aktueller politischer Entwicklungen treffen sie einen Nerv.
Der StandardEssenz: Die Geister der Vergangenheit werden wieder lebendig. Videobilder (Maximilian Wigger) von Elon Musk, Alice Weidel, Donald Trump und Herbert Kickl an der Rückwand geben dieser Furcht heutige Beglaubigung.