Ein leeres Wirtshaus: ‘Zum Jedermann‘. Schwere, dunkle Holztische. Auf einigen Tischen stehen die Stühle oben, auf anderen nicht. In der Mitte der Wirtschaft sitzt allein an seinem Stammtisch der Wirt, im Sonntagsstaat, wie man so sagt. Kein Gast sonst weit und breit, kein Laut, nur der Wirt, der redet. Wie um sein Leben. Schimpft. Über unverschämte Gäste. Über die Ungeduldigen, die nicht warten können auf einen Tisch, sondern sich gleich hinsetzen ohne zu fragen. Die Dummen, die nach lactosefreier Milch für den Kaffee rufen, aber dann einen besonders großen Topfenstrudel dazu verschlingen. Über die Unkultivierten, die Schmarotzer und die Billigesser. Dabei wird von den Gästen doch wirklich nicht viel verlangt. „Grüßen, bestellen, zahlen, Danke und Auf Wiedersehen!“ Stattdessen plumpes Benehmen, freche Extrawünsche und Geiz beim Trinkgeld. Und kaum ein Gast hat noch Sinn für die große Küchenkunst im 'Jedermann'. Da ist nur Gleichgültigkeit gegen die Liebe, mit der hier das Kalbshirn geröstet wird und keine Ahnung von der Süße, die die Salzburger Nockerln haben müssen. Da muss man verzweifeln als Wirt, verzweifeln über das Wirtshaus und über die Welt, über die Gäste, über das Leben und den Tod.
„Das Wirtshaus ist meine Welt. Auch wenn ich immer schon gesagt habe, dass die Gäste der Weltuntergang sind! Also wir! Ein jeder von uns ist ein Weltuntergang und sucht seinen Wirt und sucht sich sein Wirtshaus aus.“
Albert Ostermaiers Wirt hat Hofmannsthal und Handtke gelesen und schimpft seine Gäste in schönster Thomas-Bernhard-Tradition aus. Ein abgründiger Monolog, bitterböse und komisch, direkt aus dem finsteren Herzen des Wirtshauses ‘Zum Jedermann‘.
Albert Ostermaier
Zum Sisyphos. Ein Abendmahl
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UA: 12.08.2019 · Salzburger Festspiele