In Heinrich Manns Schauspielerin scheitert die Suche nach dem „wahren Leben“ auf ganzer Linie – und sie scheitert schmerzhaft. Das gastliche Haus ist fast schon das Gegenmodell dazu. Sämtliche Figuren der Komödie haben sich damit abgefunden, dass die rasch wechselnden Zeitumstände Anpassung auf ganzer Linie erfordern.
Dabei weht sogar noch die Größe anderer Familienepen der Zeit durch das „Gastliche Haus“. Rache, Würde, Ehre und Ansehen: große Begriffe einer alten Zeit, die hier aber ihre Kraft fast zur Gänze verlieren werden. Selbst kleinere Ansprüche kehren sich ins Wertlose: Standesdünkel kann man sich in der neuen Zeit nur solange erlauben, wie das Konto gefüllt ist. Zwar beharrt man noch auf Tradition und Herkunft, doch klingt die Klage über deren Verlust mittlerweile kleinlaut. Ideale werden schnell ad acta gelegt, wenn das nötig ist, um einen gewissen Status quo zu halten.
Heinrich Mann liefert eine bissige Satire auf eine Gesellschaft, die sich mit dem Arrangement arrangiert. Neureiche Proletarier in Rollen, die ihnen nicht passen, treffen auf Mitglieder der verschuldeten Hochfinanz und der untergehenden Aristokratie. Die Vertreter der höheren Klasse verstehen es zwar, die aufgestiegene Klasse für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Allein schon sprachlich sind sie den ehemaligen Lieferanten haushoch überlegen, weil sie die Kunst der sprachlichen Maskierung beherrschen. An ihnen vorbei kommen sie aber nicht mehr. Und so führt das Arrangement schließlich in eine Ehe, die nur Mittel zum Zweck ist, aus der man aber versuchen wird, das beste zu machen. „So ist das eben“: Die Figuren sind zwar desillusioniert; der Depression ergeben sie sich aber noch lange nicht.
Heinrich Mann
Das gastliche Haus
Komödie in 3 Akten
3 D, 5 H, 1 Dek