Ein Hochzeitstag ist ein fruchtbarer Boden für ein Familiendrama, birgt aber auch die Gefahr von Klischees: betrunkenes Flirten, Auseinandersetzungen zwischen entfremdeten Geschwistern, heikle Tanten und natürlich eine Kleiderkrise in letzter Minute.
Beth Steels Stück hat sie alle.
Sylvia, die jüngste von drei Schwestern, heiratet Marek. Und so finden sich ihre beiden Schwestern Maggie und Hazel und ihre Tante Carol ein, um der Braut bei den Vorbereitungen zu helfen. Die Männer sind zunächst nicht auf der Bühne, während sich die Frauen auf den großen Tag vorbereiten. Die Mutter der Schwestern ist tot, und ihr Vater, Tony, ist seit Jahrzehnten mit seinem Bruder Pete zerstritten.
Als das Drama an Fahrt aufnimmt, scheint es zunächst um die Reaktion der weißen Arbeiterklasse auf die EU-Migration zu gehen – Sylvias zukünftiger Ehemann ist Pole, und die Familie ist ihm gegenüber, gelinde gesagt, gespalten; eine leichte Feindseligkeit, die sich weniger in offenem Hass als in der Ungläubigkeit äußert, dass seine Karriere besser zu laufen scheint als ihre.
Aber es ist die Familie, die im Mittelpunkt steht, während die Drinks fließen und die Ereignisse sich überschlagen: Dämonen tauchen aus der Vergangenheit auf, ebenso wie frühere Differenzen und Familiengeheimnisse. Die Hochzeitsgesellschaft verwandelt sich in ein Melodrama ersten Ranges – mitreißend, komplex und mit der tragischen Unvermeidlichkeit eines griechischen Dramas.
Beth Steel
Wenn die Sterne fallen
(Till the Stars Come Down)
6 D, 4 H
UA: 24.1.2024 · National Theatre, London · Regie: Bijan Sheibani
frei zur DSE