Die Szene ist eine verwahrloste Sozialwohnung im Londoner Distrikt Walworth, in der der fünfzigjährige Ire Dinny mit seinen erwachsenen Söhnen Blake und Sean in völliger Absonderung lebt.
Am Anfang des Stückes bereiten sich die drei Männer schweigend auf einen Vorgang vor, den sie, wie wir langsam begreifen, seit fast zwei Jahrzehnten zwanghaft wiederholen: die Aufführung eines Stückes, geschrieben, inszeniert und gespielt von Dinny, in dem er die gewaltsamen Umstände, die ihn aus seiner Heimatstadt Cork in die britische Hauptstadt brachten, umdeutet und verherrlicht. Der erste Hinweis, dass die Geschichte, die er konstruiert hat, nicht der Wahrheit entspricht, ist die theatrale Form, die er gewählt hat: eine klassische Farce mit ihren Mitteln der schnellen Kostümwechsel, Verwechslungen und verwirrenden Handlungsstränge. In seiner erfundenen Geschichte ist Dinny ein reicher Hirnchirurg in Cork, der in einen tödlichen Konflikt mit seinem älteren Bruder gerät wegen des Testaments ihrer Mutter. Obwohl wir nie ganz erfahren, was wirklich geschehen ist, stellt sich allmählich heraus, dass er ein Arbeiter war, der seiner Familie gegenüber gewalttätig wurde und aus Angst um sein Leben aus dem Land floh. Auf der realen Ebene des Stückes geht es um Blakes und Seans widerwillige Teilnahme an Dinnys wahnhaftem Theater und die Fluchtmöglichkeit, die in der Form von Hayley bei ihnen auftaucht, der Kassiererin aus dem Supermarkt, die Sean seine Einkaufstüte hinterherträgt.
„Enda Walsh has outdone himself with a new play more complex, dark and emotionally rich than any of his previous efforts … The central conceit, that this is a farce within a tragedy, is a master stroke of meta-theatricality.” (variety.com)
Enda Walsh
The Homefront
(Walworth Farce)
Deutsch von Martin Michael Driessen
1 D, 3 H
UA: März 2006 · Druide Theatre, Gallway · Regie: Mikel Murfi
DSE: 25.01.2008 · Stadttheater Bern · Regie: Erich Sidler
DSE: 25.01.2008 · Stadttheater Bern · Regie: Erich Sidler