Else Lasker-Schüler in der Stadt Zürich, im Exil. Sie hat erzählt und mehrfach beschrieben, wie sie Februar 1933 in Berlin von SA-Männern auf der Straße niedergeschlagen wurde. Wie sie aufgestanden, zum Bahnhof gelaufen, ohne jedes Gepäck in den Zug gestiegen ist. Wie sie länger als eine Woche unerkannt durch die Stadt Zürich irrte, mal am Seeufer schlafend, mal in einem Park, irgendwann aufgegriffen von der Polizei.
Else Lasker-Schüler hat aus jeder Phase ihres Lebens Legenden gewoben. Ein Auge den realen Dingen zugewandt, das andere in phantastischen Welten, laufen Wirklichkeit und Imagination wie selbstverständlich ineinander, sieht sie sich selbst wie eine Nomadin durch die geordnete Welt der schweizerischen Großstadt schweifen.
Das Exil, das für bürgerliche Existenzen oft die traumatische Erfahrung völliger Entwurzelung bedeutete, ist für diese Frau, die nie an festen Vorstellungen, Erwartungen, vernünftigen Kalkulationen entlang gehandelt hatte, kein Bruch gewesen.
Die Jahre in Zürich bedeuten für sie die Steigerung, die Intensivierung all ihrer Lebensmotive, all ihre Konflikte in einem Kampf, den sie immer mit einer vermeintlich feindlichen Umwelt, schließlich immer mehr nur noch mit sich selber führte.
"Die äußere Wirklichkeit wird kaum mehr faßbar, die inneren Phantasien dominieren und irgendwann beginnt auch der szenische Raum, nach ihren Regeln zu funktionieren, nach den Regeln magischer Wirklichkeit.
Einer Wirklichkeit, die eine ganz eigene Zeiterfahrung besitzt, wie in einem Traum.
Es gibt keine Vergangenheit, kein Alter. Sie ist Kind, Mädchen, alte Frau, nichts ist abgeschlossen und die Toten sind nicht tot. Ihr Traumspiel, eine Schlußvorstellung. Abschied von einer Welt, Abschied von Europa." (Ulrich Zaum)
Ulrich Zaum
Irrlichter
3 D, 3 H, Verwandlungsdek
UA: 23.02.2002 · Wuppertaler Bühnen · Regie: Thomas Janßen