Taylor Mac

HIR
(Hir)
Deutsch von Lisa Wegener
4 Darsteller:innen
UA: 04.02.2014 · Magic Theatre, San Francisco · Regie: Niegel Smith
DSE: 14.01.2023 · Badisches Staatstheater Karlsruhe · Regie: Jakob Weiss
Nach einer unehrenhaften Entlassung aus dem Militär wegen Drogendelikten kehrt Isaac aus Afghanistan nach Hause zurück. Er erwartet, dass er seinen gewalttätigen Vater konfrontieren, seine Mutter und seine Schwester beschützen und sich in seinem alten Schlafzimmer entspannen kann.
Doch seine Erwartungen werden enttäuscht, als er in eine sehr veränderte häusliche Situation gerät.
Vater Arnold hat einen Schlaganfall erlitten und sich in eine hilflose, kindliche Kreatur verwandelt.
Mutter Paige, die von diesem Sturz des Patriarchats begeistert ist, weigert sich zu putzen, füttert Arnold mit einem mit Östrogen versetzten Milchshake, um ihn gefügig zu halten, und schminkt ihn total grotesk.
Und die kleine Schwester Maxine, die sich als Transgender geoutet hat und nun Max heißt, lässt sich einen Bart wachsen.
Paige empfängt Isaac mit offenen Armen und ist mehr als bereit, ihm die schöne neue Welt nach der Geschlechtsumwandlung beizubringen – auch wenn sie sich dabei die Erfahrungen ihres Kindes Max aneignet.
Isaac hingegen ist psychisch angeschlagen, gezeichnet von seinen Jahren im Krieg als Verantwortlicher für den Umgang mit gefallenen Kameraden, und reagiert schlecht auf die Veränderungen in seiner Familie. Er versucht verzweifelt, die Kontrolle zu behalten und so etwas wie das Leben, das er kannte, wiederherzustellen – auch wenn das bedeutet, Arnold wieder an seinen prominenten Platz vor den Fernseher zu setzen.

Wenn schwindende männliche Privilegien und posttraumatische Belastungsstörung mit Clownsschminke und Radical Faeries-Kommunenträumen kollidieren, ist das Ergebnis explosiv. Taylor Macs urkomisches und beängstigendes Hir ist eine dysfunktionale Familiendramödie für eine neue Ära, eine hochintelligente, zärtlich-herzliche und zutiefst schwarzhumorige Darstellung einer Familie in der Krise. Häuslicher Missbrauch, das Trauma des Krieges und die Akzeptanz von Genderqueers werden in einer absurden, aber gleichzeitig emotional packenden und intensiv realen Dynamik dargestellt.

Kritiken

HIR

Badische Neueste Nachrichten

Zum Sprachwitz der Textvorlage kommt in Karlsruhe der Spielwitz des Ensembles. Ein wahres Feuerwerk zündet Lisa Schlegel als Paige (…): In Hir rockt sie das Haus wie nie zuvor.[...] Wenige Wochen nach der gefeierten Premiere von Der Gott des Gemetzels hat das Staatstheater mit Hir eine weitere Wohnzimmer-Tragikomödie im Programm, deren vier Figuren sich absolut nichts schenken und deren Darsteller-Quartett das Publikum beglücken kann. Zu Recht gab es lang anhaltenden Premierenbeifall für diese Produktion, die das Potenzial von Theater für unterhaltsame Denkanstöße in Erinnerung ruft und viele gut besuchte Vorstellungen verdient.