In die HEILIGE SCHRIFT I begibt sich Wolfram Lotz auf eine irrsinnige Reise in seinen eigenen Kopf. Auf der Suche nach dem Kern des Schreibens, nach dem Sinn von Kunst und der Frage danach, was als solche überhaupt zu bezeichnen wäre, irrt er in diesem Tagebuchfragment durch sein eigenes Leben und versucht, die Botschaften zu entschlüsseln, die sein Umfeld ihm bewusst oder unbewusst sendet. Hierzu befragt der Autor sich und seine Wahrnehmung unentwegt selbst, verwandelt sich in Miley Cyrus und Peter Handke und beschreibt schöne Momente und traurige, frustrierende, ausweglose, irritierende und widersprüchliche – indem er sie mit sprachlichen Schlaglichtern ganz kurz erhellt, um sie dann wieder ins Dunkel zu tauchen, so flüchtig wie Kellerasseln, die in Bewegung geraten, wenn das Licht auf sie fällt, um dann sofort wieder verschwunden zu sein.
In der Flüchtigkeit dieser Beschreibungen liegt eine fragile Schönheit, der nur schwer zu entkommen ist. Die Bilder, die Wolfram Lotz findet, sind größenwahnsinnig und bescheiden zugleich. Wie radikal muss der Anspruch eines Autors an sich selbst sein? Wie radikal der Anspruch an die Welt? Wolfram Lotz geht diesen Fragen in seinem 800-seitigen Tagebuch mit einer so verlockenden und humorvollen Leichtigkeit nach, dass erst nach und nach ins Bewusstsein sickert, welch bodenlose Abgründigkeit darunter lauert.
Die HEILIGE SCHRIFT I ist im April 2022 beim S. Fischer Verlag erschienen.
Wolfram Lotz
HEILIGE SCHRIFT I
UA: Mai 2022 · Münchner Kammerspiele · Regie: Falk Richter