An einer Bushaltestelle in tiefer Nacht. Eine Frau Ende vierzig in Hippieklamotten sitzt auf einer Bank. Ein Turnschuhtyp Mitte zwanzig setzt sich neben sie: "Warten Sie auf den Bus?" beginnt er treuherzig seine Anmache.
Aber die Lady wartet natürlich nicht auf den Bus, sondern seit Millionen von Jahren darauf, auf ihren Thron in einer fernen Galaxie zurückzukehren: Sie ist Gracia Gala, Prinzessin vom Planeten Tallulah! - sagt sie und wirft sich im Laufe der Nacht ab und zu eine von den Mickeys rein, die sie von Rico schnorrt.
Rico ist ein abgedrehter Dealer in Rapperkluft, der an der Haltestelle auf seine nächtliche Kundschaft wartet, so wie Eva, Pferdeschwanz und Conny, drei aufgetakelte Tussen, die anschaffen gehen.
Eine mysteriöse Nacht der zufälligen Begegnungen, bösen Geschichten menschlicher Abscheulichkeiten und der naiven Jagd nach Glücksmomenten beginnt. Und so geistern sie alle irgendwie durch die Stadt, mit Sehnsucht nach ein bisschen Sex (vielleicht mit der "Prinzessin" aus dem Internet), oder einfach auf der irrwitzigen Suche nach der eigenen Frau, die vor neunzehn Jahren verschwunden ist. Frust und Lust, und plötzlich Mord- und Totschlag. Und nach und nach tauchen die Toten an der Haltestelle. Geister. auf einmal wieder auf...
Und was wie ein Märchen begann, die Images der Soap-opera mit Leichtigkeit erspielt und parodistisches, trashiges Reality-Theater liefert - ist am Ende doch Science fiction?
Helmut Krausser
Haltestelle. Geister.
7 D, 8 H, St, 1 Dek
UA: 29.09.2000 · Deutsches Schauspielhaus, Hamburg · Regie: Jan Bosse