Manfred Hausmann

Hafenbar
Schauspiel in 2 Bildern
4 D, 9 H, 2 Dek
UA: 24.04.1954 · Nationaltheater, Mannheim
Die Wirtin Gerda, bei sich angekommen und daher souverän, ist der ruhende Pol unter den Menschen, die sich an diesem Abend in der Hafenbar versammeln. Alle anderen schwanken zwischen der Lust am Abenteuer und dem Wunsch nach einem Halt. Der Leichtmatrose Johann zum Beispiel: Er freut sich auf seine erste große Fahrt, verliebt sich aber wenige Stunden davor so gründlich in die Prostituierte Alma, dass er das Ablegen seines Schiffes verpasst. Oder Bootsmann Brandenhorst: Sein cholerisches Aufbrausen ist nichts anderes als Ausdruck dafür, wie uneins er mit sich und der Welt ist.
Er ist es auch, der sich auf ein Gespräch mit zwei Frauen der Heilsarmee einlässt. Helene, die ältere der beiden, schafft es, ihn durch ihre direkte Sprache und klaren Argumente zu berühren. Brandenhorst ist beeindruckt und kniet andächtig nieder. Ein kurzer Moment der Wandlung ist das, denn als er von der Hafengesellschaft höhnisch verlacht wird, ist er wieder der Berserker.
Ein Spirituosenhändler überredet ihn dazu, seinen Ruf wiederherzustellen: Er soll sich mit Ernestine, der zweiten Soldatin Gottes, in einer eindeutigen Situation ertappen lassen. Ernestine glaubt nach einem vertrackten Zirkelschluss wiederum, dass sie durch ihre körperliche Aufopferung seine Seele retten kann. Zur Katastrophe kommt es, als der eifersüchtige Johann in dieses Arrangement stürzt.

Wie etwa auch Joseph Conrad benutzt Manfred Hausmann die Szenerie einer dubiosen Hafenbar nicht, um einen voyeuristischen Blick auf den Rand der Gesellschaft zu werfen. Ihm geht es vielmehr darum, die tiefe Zerrissenheit von einsamen Menschen zu zeigen. Und er bietet Lösungen an: menschliche Nähe etwa, oder Glaube.