Für Wendy gibt es nur ein Ziel: Die Gala. Niemand sonst vermag so überzeugt von sich und aller Welt Ratschläge zu verteilen, die einen ganz gewiss nicht gut durchs Leben bringen. Doch bis Wendy diese Lektion brutal gelernt haben wird, duftet ihre Haut nach Kirsche, Pfirsich und Orange. Sei du selbst, so lautet hier das Mantra, dem auch Tommi folgt, doch gänzlich anders, als die Gala rät. Denn während sich im Hochglanzlifestyle männliche Potenz entlädt, sehnt Tommi sich nach ihrem Gegenteil: nach Weichheit und Entschleunigung, Gefühlen und Verletzlichkeit in einer Welt, die sich entsexualisiert. Franka liebt zwar Tommis Zartheit, fragt sich aber auch, was fehlt, wenn Männer nicht mehr "Männer" sind. Die Angst, was zu verpassen, treibt sie um. Und auch Kalle kann nicht fassen, dass der Tommi seinem Trieb nicht einfach folgt. Gibt doch nichts Schöneres als Potenz - ganz ohne Rücksicht auf Verluste. Während Klara von einer Abtreibung träumt, bevor sie überhaupt schwanger ist, und Wendys Träume blutig platzen, glaubt Franka fatalerweise, Tommi immer sicher zu haben, und Kalle kommt schlussendlich einfach nicht umhin, sich selbst ertragen zu müssen.
Der junge Dramatiker Caspar-Maria Russo hat mit Gala ein Frühlings Erwachen des 21. Jahrhunderts geschrieben. Die Zuschreibungen einer übersexualisierten, körperfixierten Gesellschaft haben sich so eingeätzt in die jungen Körper seiner Figuren, dass es ihnen einfach nicht gelingen will, sie abzustreifen. Und selbst diejenigen unter ihnen, die sich trauen, neue Wege einzuschlagen, müssen erkennen, dass sie scheitern, weil ihr Gegenüber einfach noch nicht bereit ist. Ein aufwühlendes, überforderndes und provozierendes Stück Theater über den langen und schmerzhaften Weg, sich selbstbestimmt begegnen und eines Tages über jedwede Rollenzuschreibung hinwegsetzen zu können.
Caspar-Maria Russo
Gala
3 D, 3 H, Doppelbesetzungen notwendig
frei zur UA