Röggla geht in ihrer dramatischen Auseinandersetzung mit dem dramatischen Ereignis der Frage nach, "wie wir realität mithilfe der muster und vorstellungen produzieren, die wir von der wirklichkeit haben, und wie diese realität dann auf uns zurückschlägt". Sechs Menschen treten uns gegenüber, drei rhetorische Positionen, die den Knoten des Ereignisses bilden, so wie es für uns Zuschauer in Erscheinung tritt. Es sind Medienmaschinen, Präsenzmaschinen, Mythenmaschinen. Es sind drei mal zwei Menschen, die in Medienberufen tätig und daher immer doppelt präsent sind, weil sie andere repräsentieren, eben deren Geschichten kolportieren und verkörpern müssen.
Sie berichten, was sie gehört haben. Sie verteilen Informationen. Sie erregen Aufmerksamkeit. Sie veröffentlichen Statements. Sie ziehen Vergleiche. Sie er-zählen Tote, Verletzte und Vermisste. Sie lügen kalkuliert oder schockbedingt. Aber vor allem geht es um eine Situation in der Öffentlichkeit, in der unterschiedliche Rhetoriken koexistieren und den Verlauf des Ereignisses bestimmen, sich gegenseitig unterwandern, aushöhlen können. Es geht um die kommunikativen Gesten, die unserer Unsicherheit und Panik zu Grunde liegen, die gesellschaftlichen Riten, mittels derer man diese zu bändigen sucht.
Rund um den Elften September - so Kathrin Rögglas zentrale Stückthese - "ist eine eigene kultur entstanden, die aus politischen und kulturellen fäden gewoben scheint, eine erinnerungs- und trauerkultur, die politischen funktionalisierungen zuarbeitet und verhältnisse verkehrt. das ereignis hat eine sogkraft entwickelt, und die frage, was man ihm noch alles unterschieben kann, wie es sich auswächst, wer am ende noch alles dabeigewesen sein wird, nimmt theatrale formen an."
Kathrin Röggla
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6 Darsteller
UA: 16.10.2002 · Volkstheater Wien · Regie: Tina Lanik
Übersetzt in: Arabic, Czech