Ibsens Volksfeind war immer schon ein eigenartiger Wechselbalg: das erste Stück, welches Umweltzerstörung zu einem zentralen Thema machte, aber auch - und das mindestens gleich stark - das zornesblinde Pamphlet eines Dramatikers, der sich nach einem Flop von aller Welt verraten und verkannt fühlte.
Dieses subjektive, thematisch unklare, lose Flatterband aber ist es gerade, das den Stoff ganz unmittelbar in unsere Gegenwart zieht, es gibt ihm seine “Unruhe” und eine ganz außerordentliche Energie.
Die Geschichte zeigt die wütende, unkontrollierbare Dynamik, die entsteht, wenn ein Einzelner das Lebenssystem, das ihn umgibt, grundsätzlich in Frage stellt und somit vermeintlich in seiner Existenz bedroht. Was er damit auslöst, ist letztlich Krieg. Ein Krieg, bei dem in den ersten Scharmützel vielleicht noch mit Dreck, Abgaswerten, Einflugschneisen und Mülldeponien argumentiert wird. Wenn dann die eigentliche Schlacht beginnt, geht es nur noch über soziale Ächtung, Rufmord, Bankrott, Isolation, Auslöschung. Ein Krieg, bei dem den Individuen leicht ihre politische und moralische Identität abhanden kommt. Ein Krieg, der alle hineinzieht in ein Netz aus Gier, Wut und Angst. Angst, alles zu verlieren - Status, Besitz, Renomee, seine Gewissheiten - und sowieso die Liebe
(Ulrich Zaum)
Henrik Ibsen, Ulrich Zaum
Ein Volksfeind oder Das vergiftete Land
frei nach Henrik Ibsen
1 D, 7 H
frei zur UA