Ewald Palmetshofer
70 Jahre später. Die junge Frau ist jetzt eine alte Frau. Ihre Tochter findet sie in der Küche auf dem Boden. Sie ist gestürzt. Sie ist sehr aufgebracht. Man holt einen Rettungswagen.
Und im Krankenhaus tagen die Ärztinnen und die Schwestern, und vor 70 Jahren tagte ein militärisches Standgericht und ein Jahr später ein Volksgericht. Und eine junge Frau wird abgeführt. „Nicht unhübsch“, schreiben die Zeitungen, „aber reuelos“.
Und während die Tochter zum Grab des Vaters Blumen bringt, sammelt die junge Enkelin die Männer wie Schmetterlinge oder Briefmarken, sammelt der Staatsanwalt Aussage um Aussage, versammelt sich das Volk um Gericht zu sitzen, liest man Äpfel auf vom Boden auf dem Feld, und verliest der Richter sein Urteil. Und eine Tochter trauert um den Vater und ein fremder Vater um den Sohn.
Zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen Gefängnis und Gericht, Küche, Bett und Krankenhaus untersucht Palmetshofers Generationendrama mit einer hochartifiziellen und rhythmischen Sprache das Leben dreier Frauen. Es ist ein polymorphes Erinnern, eine Verhandlung, eine Rechtsprechung, und erzählt von der ausweglosen Verstrickung dreier Generationen in einem Netz aus Schuld und Liebe.
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Die Rheinpfalz, 28.09.2015
Die Sprache ist wie immer bei Palmetshofer von kunstvoller Einfachheit, kürzelhaft poetisch durch angebrochene Sätze und ungewohnte Wortstellungen, ein jambisches Stakkato, zögerlich und dringlich zugleich, eine Getriebenheit auch beim Unausgesprochenen.
Der Standard, 16.12.2014Das jüngste Stück des Oberösterreichers Ewald Palmetshofer wühlt den Boden der Geschichte auf.
Schweiz am Wochenende, 25.03.2017Ewald Palmetshofers Text (...) ist ein Aufruf die gemütlichen Polster der Alten zu durchstoßen.
nachtkritik.de, 23.03.2017Es ist tatsächlich wie in der »Orestie« – die Geschichte jagt die Generationen. Diese Überlagerungen von Zeit und Schuldigkeiten hat Palmetshofer ungemein genau und überzeugend konstruiert.
Theater Heute, Februar 2015
Diese flexible alltagsnahe Kunstsprache lässt sich mit schnellerem Tempo zu monolithischen Emotionsblöcken gießen oder in Wortsturzbäche formen, die alles wegreißen, was sich ihnen in den Weg stellt.