Für Paula Spencer ist mit 39 Jahren das Meiste in ihrem Leben schon gelaufen. Und es ist nicht gut gelaufen. Den geblümten Schlafzimmervorhang, der im Sommerwind über ihrem Kinderbett wehte, hat es nie gegeben – aber die Übergriffe ihres Vaters. In der Schule wird sie knapp über Sonderklassenniveau eingestuft. Zwischen abgestumpften Lehrern und zudringlichen Banknachbarn trainiert sie schmutziges Denken und abgebrühtes Benehmen. Dann gründet sie mit ihrer Jugendliebe Charlo eine Familie. Und immer wieder sitzt sie im Krankenhaus und erklärt ihre Verletzungen damit, dass sie gegen eine Tür gelaufen sei. Nun ist Charlo tot und Paula beginnt zu sprechen.
Booker-Preisträger Roddy Doyle erzählt die Geschichte einer alkoholsüchtigen Frau, die allen Widerwärtigkeiten und Demütigungen zum Trotz ihr Leben in die Hand nimmt. Fernab von Sentimentalitäten oder moralischen Zeigefingern veranschaulicht er einen Bewusstwerdungsprozess in harter Bodennähe, der sich zu einer präzisen Milieuschilderung verdichtet. Ein furioser Monolog über eine enttäuschte Liebe und den unermüdlichen Versuch, das Leben aus eigener Kraft in den Griff zu bekommen.
Oliver Reese, Intendant des Schauspiel Frankfurt, brachte zahlreiche Dramatisierungen (»Berlin Alexanderplatz«, »Lolita«) und Stücke nach biografischen Texten auf die Bühne (»Bartsch, Kindermörder«, »Emmy Göring an der Seite ihres Mannes«). (Ankündigung des Schauspiel Frankfurt)
Roddy Doyle
Die Frau, die gegen Türen rannte
(THE WOMAN WHO WALKED INTO DOORS)
Dramatisiert von Oliver Reese
1 D
UA: 22.10.2010 · Schauspiel Frankfurt · Regie: Oliver Reese