"Sparta: Bürokratisch organisierter Stadtstaat der sich mit starkem Militär zeitweise die Vormachstellung im antiken Griechenland erkämpft. Eine der Urformen aller heutigen Demokratien. Die Menschen in Sparta: zweigeteilt in ihrer Existenz, ihrem Wesen. Die Götter haben ihr eigenes Abbild entzweigeschnitten - zur Strafe für die Gottlosigkeit der Menschen. Wo die Menschen vorher vier Augen, Beine, Arme, zwei Gesichter und Geschlechter hatten, rund und vollkommen waren, gibt es jetzt nur noch halbe Menschen. Waren es aber wirklich die Götter, die den Schnitt gemacht haben? "Wo lebt der, der schneidet? In Sparta? Oder ist das nur sein Name, Sparta, ja so könnte er heißen." Dies fragt Kalliope, eine Blinde. Bei ihr und ihren sechs Leidgenossen ist der Schnitt danebengegangen. Stumm, schwerhörig, einbeinig, verbeult, unheilbar krank und schwachsinnig sind sie als unwertes Leben gleich nach der Geburt in die Wildnis des Taygetosgebirges ausgesetzt worden. Taygetos, ein gesunder halber Mensch (oder Gott?), selbst von den Spartanern wegen seiner Menschlichkeit, seines Mitgefühls geächtet, rettet diese Gruppe der Verlorenen und kümmert sich um sie.
Hier nun, Jahre später, beginnt die Geschichte von den Zikaden und ihrem Züchter. Die Aussätzigen wollen zurück zu den Menschen. Sie haben ihren Retter und Züchter Taygetos davongejagt und planen tagtäglich den Marsch nach Sparta. Sie üben sich in spartanischen Tugenden und werden immer mehr Mensch - in manch überraschendem Sinne. Als es dann wirklich losgehen soll, treffen die Untoten auf einen Spähtrupp des spartanischen Heeres. Der Showdown beginnt." (Martin Schall)
Wolfgang Maria Bauer
Der Zikadenzüchter
22 Szenen
4 D, 8 H, Verwandlungsdek
UA: 21.07.1992 · Bayerisches Staatsschauspiel (Marstall), München · Regie: Kirsten Esch