Pier Paolo Pasolini

Calderón
(Calderón)
Deutsch von Heinz Riedt
8 D, 12 H, St, Verwandlungsdek
DSE: 15.11.1988 · Landestheater, Tübingen · Regie: Wolfram Frank
In seinem erst posthum aufgeführten Drama greift Pasolini auf das Original von Caldérons Das Leben ist Traum nur mehr bruchstückhaft zurück.
Hauptfigur des Stücks ist Rosaura, die eines Tages ohne Identitätsbewusstsein erwacht und verschiedene gesellschaftliche Szenarien durchlebt/durchträumt: Die Trennlinien zwischen Traum und Wirklichkeit sind nahezu aufgehoben, sind zumindest im Unklaren gelassen.
Thematischer Ausgangspunkt Pasolinis ist der im Niedergang befindliche Franquismus im Spanien der 60er/70er Jahre und ein in Ansätzen erkennbarer 'Wandel' der Machtstrukturen. Rosaura durchlebt in ihrer 'realen Traumwelt' an drei Spielorten- einem Palast, einem Bordell und einem Lager - jeweils als Außenseiterin die aristokratische, die bürgerliche und die proletarische Variante gesellschaftlichen Seins. Der Abgesang an die Möglichkeit, eine faschistisch-kapitalistische Gesellschaft revolutionär zu verändern, zieht sich durch alle Szenarien.
Rosauras letzter Traum, den auch sie nun eindeutig als solchen erkennt - sie, interniert in einem Konzentrationslager, wird von revolutionären Arbeitern befreit -, wird von Basilio, ihrem bürgerlichen Vater, in seinem Illusionsgehalt bestätigt: "Doch bei diesem Traum mit den Arbeitern gibt es keinen Zweifel. Es ist ein Traum, nichts als ein Traum." Auf einen grundlegenden gesellschaftlichen Wandel besteht - nach Pasolini -nun keine Aussicht mehr.