„Dieses Stück beinhaltet keine vorgegebenen Personen-, Inszenierungs- oder Raumanweisungen. Auf diese wurde zugunsten der Imagination des Lesers und der Flüssigkeit des Textes verzichtet. Die hier beschriebene Reise ist irgendwo zwischen Innen- und Außenraum, realen und virtuellen Bildern und den immer wieder im Text auftauchenden generischen Orten unserer Gesellschaft anzusiedeln.“
Sie haben kein Geld. Sie haben kein Benzin. Und trotzdem fahren sie los. 1, 2 und 3. Die Vergangenheit bleibt zurück, das steht fest. Wohin die Reise geht, unklar. Sicher ist nur eins: Auf einer runden Welt kann es keine Unendlichkeit geben, reisetechnisch. Es sei denn, sie fahren dem Ende der Welt davon: „Auf der Oberfläche eines Sterns, der sich selbst verzehrt. Kurz vor der Explosion.“ Aber vorher geht’s mit einem Geisterauto in die Zukunft. Bestandsaufnahme oder Reisebericht? Wer kann das noch trennen? Kevin Fürst hat seinen ersten Auftrag erledigt. Zwei Typen platt gemacht. Dönerbudenbesitzer. Schulden. Und irgendwo brennt eine Matratze. Automaten kotzen Geld, Zehntausend Münder minderjähriger Mädchen kauen Kaugummi, Eismänner verschenken Wundertüten, Haare aus gepanzertem Gold, Druckwellen farbiger Polygone, Zeitarbeitsagenturen, Hartz IV, Dönerverkäufer, Ditsch, Filmkulissen und bunte Neonkühe, die sich „nach einem Zoom auf ihre traurigen Augen in Rauch auflösen“.
In hoher Geschwindigkeit gerät diese Autofahrt zu einem rauschhaften Trip durch grelle Geistesblitze und Utopien, die nicht zu greifen sind, die immer wieder davonfahren in Richtung Horizont. Doch der Horizont ist überall und hinter den Reisenden naht das heranstürmende Ende der Welt.
Paul Wiersbinski
Autofahrt ins All
UA: 11.05.2012 · Staatstheater Mainz · Regie: Pedro Martins Beja