Katja Brunner
von den beinen zu kurz
UA: 31.03.2012 · Theater an der Winkelwiese, Zürich · Regie: Antje Thoms
Da ist eine Familie: ein Vater, eine Mutter, ein Kind. Namenlos. Bürgerlich. Austauschbar. Alles könnte gut sein und werden, doch etwas läuft schief, heillos schief, denn der Vater verfällt der Tochter vom Tage ihrer Geburt an. Für die Tochter ist die „grenzenlose“ Liebe des Vaters vom ersten Atemzug an Teil ihrer Wirklichkeit, sein maßloses Begehren Normalität. Die ausrangierte Mutter stempelt die Tochter alsbald zur Konkurrentin, Diebin ihres Mannes ab. Stimmen von außen vergegenwärtigen mögliche Stationen - Geburt, erster Übergriff, Streichelzoo, Kindergeburtstag, Arztbesuch, Selbstmord - dieser Tragödie. Kontrovers besprechen sie die schnellen Wechsel im Verhalten, die Gefühlsregungen, das Macht und Ohnmachtsgebaren der beteiligten Personen. Das Einbrechen surrealer Situationen von extremer physischer und psychischer Gewalt weist jedoch weit nach draußen in die Gesellschaft. Ist das Kind nicht gezwungen, sich dem Willen der Eltern zu beugen, will es wertvoll für sie bleiben? Entgegen dem therapeutischen Gerede, das später auf sie einprasselt, verteidigt die Tochter ihr verhängnisvolles Verhältnis zum Vater. In diesem beeindruckenden Debüt Katja Brunners wird die Sprache zu einem Seziermesser, das die VaterMutterKindWelt zerschneidet und die schwindelerregenden Abgründe menschlicher Leidenschaft aufdeckt.
Übersetzt in: English, French, Latvian, Polish, Russian, Spanish