Alexej Schipenko

Verona
Stück in 1 Akt (abendfüllend)
Deutsch von Ruth Wyneken-Galibin
1 D, 2 H, 1 Dek
UA: 1990 · Satirikon Theater, Moskau · Regie: V. Sarkisov
frei zur DSE
Schipenko ist unbarmherzig: Gleich stößt er den Zuschauer in einen ebenso erbitterten wie komischen Schlagabtausch. In eine eheliche Kontroverse, grell und nah aufgenommen: Die Bettszene zwischen einem sowjetisch-russischen Schriftsteller und seiner jüdischen Frau. Es geht um nichts weniger als Liebe und Tod. Die Protagonisten sind unfrei, Gefangene einer Liebe, reduziert auf Sextechnik und Akrobatik. Der große Schriftsteller wird in Todesfurcht zum Jammerlappen oder Schlappschwanz, wie ihn die Frau tituliert, die zum äußersten Mittel der Befreiung greift, erst ihn vergiftet und dann sich selbst. Jetzt - auf der Schwelle zum Tod - ändert sich der Ton des Stücks, öffnet der Autor weit die Sicht, erweitert die Perspektive. Der degenerierte, innere Zustand der Menschen ist Spiegel der äußeren Welt: Bild einer apokalyptisch von Krieg und Tod durchsetzten Zeit. Übergeordnet erscheinen kosmische Zusammenhänge, als deren Bote beim Tod des Mannes ein kindlich-durchtriebener Engel erscheint, der das Ehegefecht mit der Frau naiv und rotzfrech parodierend nachspielt - auf anderer Ebene kann er sich schließlich nicht verständlich machen ...
Im Tod bekennt sich die Frau zur Liebe - der Kreis schließt sich, und Shakespeares Liebestragödie Romeo und Julia, mit deren Sujet Schipenko frech jongliert, kann beginnen. Aber nach Verona wird sie anders klingen ...