Drei Freunde treffen sich in einer kalten Nacht zu einem exzessiven Wiedersehen, eine Geburtstagsparty in der gemeinsamen Wohnung zehn Jahre nach Ablauf des Jugendbonus. Was ist geblieben von den alten Entwürfen und Utopien? Und den großen Liebesschwüren? Eine will heiraten, ein anderer hat beschlossen, nicht mehr zu arbeiten und auch diese ganze "Hartz IV Scheiße" nicht mehr mitzumachen. Dann lieber Platten auflegen in entlegenen Clubs, wo sich alle treffen, die nicht mehr mitmachen wollen, irgend eine Art Widerstand noch leisten gegen diesen Ausverkauf aller Ideale aber welchen und wofür, man wird ja auch älter und es wird ja immer kälter: Holz sammeln für die nächsten Jahre, los, schnell, sonst erfrieren wir.
Die Nacht scheint nicht mehr aufzuhören und das Thermometer fällt, die Heizung ist kaputt und die Tür geht nicht mehr auf: Und die Zeit hält für einen Moment lang an, Stillstand, nur noch Musik, immer wieder dieses eine Lied, "New Grass" von Mark Hollis, der sich Jahre nach seiner Karriere als Popweltstar in der Klinik wegschloss, um allem Kommerz zu entegehn und an diesem einen neuen perfekten Sound zu arbeiten. Die drei feiern einen seltsam lebenshungrigen Abgesang auf Effizienz, Kommerz, Ehe, Kinderkriegen, Condoleeza Rice und Justin Timberlake und alles, was das Leben nicht mehr lebenswert sein lässt.
Falk Richter
Verletzte Jugend
1 D, 2 H
UA: 07.02.2009 · Festival de Liège (Koproduktion mit dem Théâtre National, Brüssel) · Regie: Falk Richter
Übersetzt in: French