Antje Rávic Strubel

Andreas Sternthal kann auf eine erfolgreiche Karriere zurück blicken. Aus beengten und kleinbürgerlichen Verhältnissen stammend hat er es in den verklemmten Nachkriegsjahren trotz seiner Homosexualität zum renommierten Strafverteidiger gebracht. Aber in der Rückschau werden feine Risse zwischen öffentlichem und privatem Leben offenbar: zwischen bürgerlicher Oberfläche und einer komplizierten Dreiecksbeziehung, zwischen Loslösung aus dem gefühlskalten Elternhaus der 50er und dem Aufbruch der 70er in Frankfurt. Sternthal begibt sich auf die Suche nach dem Unsicheren seiner Identität und nach den Leerstellen zwischen den verschiedenen Rollen, die er spielt und fragt sich, wer er eigentlich ist.

"Wenn nur zwei sich umarmen, bleibt der Rücken kalt. Das wisst ihr. Beide wisst ihr das. Der Rücken ist kalt. Ungeschützt in einer unvollkommenen Umarmung. In ihr lauert, weil sie nur halb ist, das Nichts. Hab denn nur ich das Gefühl, in einer Umarmung erst, wenn sie von beiden Seiten kommt, ganz umfangen zu sein? Umschlossen? Ganz da?"

Antje Rávic Strubels berührendes Potrtait eines Mannes entstand im Rahmen der Reihe “Stimmen einer Stadt - Geschichten aus Frankfurt” für das Schauspiel Frankfurt.