Herbert Achternbusch

Tukulti
1 D, 9 H, St, 1 Dek
UA: 03.10.1998 · Das Schauspielhaus, Wien · Regie: Hans Gratzer
1. Der Stuhl, der keiner mehr ist
Tukulti: "Da bin ich. Doch wo bist du?".
Tukulti in retrospektiver Ansprache an Ztsrupsi, den Zungenbrecher, das Du, Gott, der zur Orientierung und als Maßstab diente: "Du bist fort, Ztsrupsi. Ich bin allein."
2. Der Stuhl ist ein Thron
Ztsrupsi aus dem fernen Ur sendet seine Losungen über Boten an Tukulti.
"Ob Ztsrupsi noch Ztsrupsi ist, wenn er aus einem anderen spricht?" Tukultis Enttäuschung formiert sich in Zweifel, daraus erwächst eine neue offensive Erkenntnis: "Wir haben uns täuschen lassen. Ein Gott, der uns verläßt, war nie bei uns." Tukulti erhebt sich selbst zum Gott "Du sagst es. Wo Gott einst saß, da sitze ich."
3. Der Mensch ist Gott (Der leere Thron)
Tukulti führt Krieg.
Zur Besänftigung schickt der Pharao seine schönste Tochter zu Tukulti. Tukulti erklärt sich einverstanden: "Da bin ich dankbar und nehme einen neuen Titel an: Obersuppenaffendepp." Die Hochzeit von Tukulti und Senfmut wird gefeiert.
4. Der Gott ist nichts ( Vier Soldaten tragen den Thron aus Stein, singen dabei und stellen ihn ab. Mit Sohn Üsmi.)
"Mein Vater Tukulti, ich habe den Verdacht, daß du den Feind besser kennst als dich. Doch mußt du dich besser kennen, um den Feind zu sehen, erkennst du dich im Feind?"
Tukulti wird von einem Barbaren aus den Bergen angefallen und totgebissen.

Achternbusch ist es gelungen, ein Konzentrat zu destillieren, ein Fallbeispiel für die uns umgebenden und von uns entworfenen Machtstrukturen zu schreiben. Während sich die Figuren sicher in ihrem Denkgehege bewegen, entsteht aus der Beobachtung dieser Handlungsmechanismen der Wunsch nach einem Gegenentwurf. In der veränderbaren Konstellation Mensch und Stuhl bildet sich im Verlauf des Stückes sowohl makrokosmisch die Entwicklungsgeschichte der Menschheit als auch mikrokosmisch die eines Volkes, eines einzelnen Menschen ab.