Clint gibt Lisa die Pistole und sagt, sie soll mit dem jungen Mädchen in den Nationalpark fahren und ihr in die Brust schießen. Aber Lisa möchte lieber, dass das Mädchen friedlich einschläft - deshalb injiziert sie ihr Abflussreiniger in den Hals.
Die Täterin ist noch keine achtzehn, ihren Ehemann Clint hat sie mit fünfzehn kennen gelernt, als sie noch in dem Wohnwagen lebte, in dem ihre Mutter gleichzeitig als Prostituierte arbeitete. Der Vater ist tot; das einzige, was sie an ihn erinnert, ist ein kleines Spielzeugklavier, auf dem sie nicht spielen kann.
Rebecca Gilmans knapp geschrieben Szenen spielen in Wohnwagen, Motels, in Gefängniszellen. Das könnte auch die Vorlage für ein Road-Movie sein, aber Gilmans bedrückendes Stück lässt keinen Raum für Kino-Träume oder falsche Hoffnungen. Die Autorin verweigert sich eilfertigen Antworten. Stattdessen beschreibt sie: Ihr nüchterner Blick auf den untersten Rand der amerikanischen Gesellschaft ist schockierend und verstörend.
Für Lisa gibt es keine Chance, keinen Ausweg, kein Happy Ending außerhalb des Systems, das ihr nicht viel mehr als Lesen und Schreiben beigebracht hat: Ihre Abhängigkeit von Clint endet erst mit ihrer Verhaftung. Sie kann nicht lügen: also gesteht sie, ohne zu ahnen, welche Strafe sie erwartet. Clint ist wenig nachzuweisen, abgedrückt hat Lisa - mit einem Lächeln, wie ein Zeuge sagt. Die junge Frau kommt in die Todeszelle.
Der Schluss ist bitter-süß: Lisas völlig überforderter Zwangsverteidiger bringt ihr bei, wie sie auf dem Spielzeugklavier ihres Vaters "Jingle Bells" spielt ... The American Dream.
Rebecca Gilman
The Glory of Living
Stück in 2 Akten
(The Glory of Living)
(The Glory of Living)
Deutsch von Roland Schimmelpfennig
5 D, 5 H, Verwandlungsdek
UA: 22.11.1996 · Circle Theatre Chicago · Regie: Robin Stanton
DSE: 12.01.1999 · Schauspielhaus, Wien · Regie: Jesse Web
DSE: 12.01.1999 · Schauspielhaus, Wien · Regie: Jesse Web