Faulkners Requiem für eine Nonne ist eine unaufhörliche Beichte, erzwungen nach immer wieder versuchter Flucht. Das Leben von Temple Stevens ist schrecklich. Bereits als College-Girl begann sie mit der Prostitution. Sie ging durch alle Höllen hindurch, durch die Höllen, die in ihr selbst sind, und durch die Höllen, die andere für sie bereithalten. Gemeinheit, Gier, Mord - ein ganzes Kompendium des Bösen wird aufgerissen. Sie ist kein Opfer des Bösen, sondern sie hat vom Bösen Besitz ergriffen, hat es in sich genährt, mit Willen Vorsatz, ruchlos, das eigene Gewissen immer wieder erstickend.
Nun hat Nancy Mannigoe, ihr Dienstmädchen und ihre Leidensgenossin, eines von Temples Kindern getötet. Und zwar genau in dem Augenblick, in dem Temple wieder, mit dem Bösen im Herzen, vor sich selbst fliehen wollte. Sie hätte selbst ihre Kinder leiden lassen, um sich nicht ihrem Gewissen stellen zu müssen.
Nun kann sie nicht mehr vor sich selbst fliehen, denn Nancy wurde für sie zur Mörderin. Ein verzweifelter Mord, der ein heilsamer Schock für Temple sein sollte.
Nancy wird zum Tode verurteilt. Temple geht zum Gouverneur und legt dort unter Qual und Not ihre Lebensbeichte ab, um Nancy zu retten.
William Faulkner
Requiem für eine Nonne
Schauspiel in 3 Akten
(Requiem for a Nun)
(Requiem for a Nun)
2 D, 7 H, 5 Dek
UA: 09.10.1955 · Schauspielhaus Zürich · Regie: Leopold Lindtberg