Der Chefroboter erzählt von einer lang vergangenen Zeit, der Menschenzeit, in der es noch den illusionären Zustand der Liebe gegeben hat: Im ersten, dritten und fünften Bild begegnen einander A (Dichter) und B (Muse). A versucht das Endspiel ihrer Beziehung zu inszenieren, indem er B in die Arme ihres Liebhabers X (Filmregisseur) treibt. Inzwischen wartet X in den Bildern zwei und vier auf eine Nachricht der Geliebten B. Der Chefroboter aber will und muss X seine Mittlerdienste verweigern. So verschwören sich A und X im sechsten Bild gegen B. A wünscht B nicht mehr. X wünscht B. Aber B kann sich nicht entscheiden. Die Verschwörung scheitert und in Bild sieben schlagen die beiden Männer ihre letzten Schlacht miteinander und mit der Frau, bis X B mit einer Flasche vergewaltigt. Dem brutalen Akt folgt die Geburt zweier Roboter, die nun ihrerseits versuchen, den menschlichen Liebesakt zu simulieren, dabei aber nichts empfinden. In zwei epischen Einschüben nach den Bildern fünf und sieben wird die Minotaurossage zur Geschichte der Witwe eines Radfahrers, die nach einem tödlichen Unfall ihres Mannes mit dessen Fahrrad ein Kind zeugt.
Die Personen des Stückes haben ihre Identität verloren, besonders die männlichen Protagonisten sind zu Masken der patriarchalen Gewalt degeneriert. Die Muse scheint das Opfer zu sein, bis sie selbst ein Simulacrum von Gewalt und Abhängigkeiten inszeniert. Dort, wo wir die dichteste Form von Menschlichkeit ahnen wollen, sitzt der Stachel des Verrats am Menschsein. Die Liebe, eine Illusion, deren Hüllen Austauschbarkeit des modernen Menschen, patriarchale Gewalt und Machtstrukturen verdecken.
Stefan Schütz
Monsieur X oder Die Witwe des Radfahrers
7 Szenen und 2 Intermedien
2 D, 5 H, (3 H bei Doppelbesetzung), Simultandek
UA: 02.04.1994 · ARGOS, Wien · Regie: Gerhard Dore
Übersetzt in: English