Der Mensch besteht auf Ästhetik. Schöne Frau, schöner Mann, schönes Paar, schöne Beziehung, schönes Schön. Doch lange bleibt die nicht bestehen, schon gar nicht beim Geschlechtsverkehr. Beim richtigen Geschlechtsverkehr. Bei der animalischen Form des Beischlafs. Beim Ficken. Der Mensch sucht ein Ventil. Tatkräftige Flucht vor der Gesellschaft. Erfolgreich?
B Aus diesem Kriegsgefangenenlager entkommt keiner.
S Ein Mitglied der Gesellschaft wird immer ein Mitglied der Gesellschaft bleiben.
A Die Meereswelle kann das Meer nicht verlassen und der Windhauch kann den
Wind nicht verlassen.
Der Mensch kann nicht nur schön, will auch nicht nur schön, möchte auch anderes. Ausbrechen aus der sozialen Vorgabe, hineinspringen in den Dreck, in das gesellschaftliche Aus. Doch die Gesellschaft toleriert so einiges, man muss nur wieder zurückfinden. Dann kann sie auch vergeben. Pass dich an und wir vergeben. Amen.
S Pass dich zum Beispiel an deinen Nachbarn an.
A Ja. Pass dich an deinen Nachbarn an. Der ist dir doch sympathisch. Mir ist er
auch sympathisch.
M Pass dich an den Garten deines Nachbarn an.
B Gefällt dir sein Garten nicht?
S Gib dir Mühe.
Robert Woelfl schrieb diesen Einakter als Auftragsarbeit für das Wiener Burgtheater. Ebendort wurde das Stück im Dezember 2003 neben drei anderen Einaktern als Hommage an Werner Schwab zu dessen 10. Todestag uraufgeführt.
Robert Woelfl
Mann und Frau in der Hundestellung
3 D, 3 H
UA: 20.12.2003 · Burgtheater (Kasino), Wien · Regie: Stephan Rottkamp