Der letzte Vorhang war aus schwerem, dunklem Stoff. Das Publikum musste ihn selbst beiseite ziehen. Der Blick fiel in ein karg möbliertes Schlafzimmer. Auf dem Bett der Körper einer Frau. Nackt. Reglos. Ihre rechte Hand hielt einen Telefonhörer umklammert.
Das Publikum, das sich an diesem 5. August 1962 um drei Uhr früh vor einem Bungalow in Brentwood, California, eingefunden hatte, sah die Todesszene von Marilyn Monroe. Diese Szene war das letzte und zugleich das erste Bild einer Inszenierung, deren Skript seither immer wieder umgeschrieben wird und neu beginnt, mit jeder Biographie, jedem Film über die Monroe, den Magazinstrecken voller wiederentdeckter Fotos, den Spekulationen über ihren Tod. Das Drama der Norma Jeane Mortenson verheißt keine Erlösung, nur endlose Wiederholung. Nie werden wir es satt, die Geschichte vom kometenhaften Aufstieg des ungeliebten Mädchens aus dem Waisenhaus zum glamourösen Hollywood-Star erzählt zu bekommen.
Ein letzter Zuschauer – von anderen wissen wir nichts mit Sicherheit – war Ralph Greenson, Marilyns Psychoanalytiker. Er verständigte telefonisch die Polizei: »Marilyn Monroe ist an einer Überdosis gestorben. Wahrscheinlich Selbstmord.«
Alle Mythen um ihren Tod – ob es nicht doch Mord war – entlasten eine ganze Nation, die nach dem Glück strebt, das Marilyn zuteil geworden war. Sie verkörperte den American Dream. MAKING OF :: MARILYN entwirft kein neues Szenario der Umstände vom Tod Marilyn Monroes, sondern eines für ihren Seelenzustand. Der Zuschauer betritt eine Installation, in der er Teil von Marilyns Geschichte wird. Es wird schon bald fraglich, ob es überhaupt eine klare Grenze gibt zwischen Wirklichkeit und Traum, zwischen dem Zuschauer und der beobachteten Figur. Wir begegnen Marilyn und in ihr doch wieder uns selbst. So intim sei Theater noch nie gewesen, auch nicht so angenehm und unangenehm berührend zugleich, schrieb die FAZ.
Lothar Kittstein, RAUM + ZEIT, Raum + Zeit e. V.
Making of::Marilyn
Auftragsarbeit für das Schauspiel Frankfurt
UA: 01.06.2013 · Schauspiel Frankfurt · Regie: Bernhard Mikeska