RAUM + ZEIT

Mädchenmörder :: Brunke
Text von Lothar Kittstein
Auftragsarbeit für das Staatstheater Braunschweig
UA: 27.01.2024 · Staatstheater Braunschweig · Regie: Bernhard Mikeska
Die Uraufführung »Mädchenmörder :: Brunke« des mehrfach preisgekrönten Theaterkollektivs RAUM+ZEIT am 27. Januar lässt den Schriftsteller Thomas Brasch (1945-2001) wiederauferstehen und für eine Lesung nach Braunschweig kommen. Der Fall Karl Brunke, eine wahre Braunschweiger Geschichte, sorgte zu Beginn des 20. Jahrhunderts für Aufsehen, da Brunke zwei junge Frauen, angeblich auf deren Wunsch, ermordete. Brasch hatte in den 1990er Jahren zurückgezogen und wie besessen zu diesem Verbrechen recherchiert. Mehr als 14.000 Manuskriptseiten sind dabei zusammengekommen und heute archiviert. Braschs Verlag veröffentlichte 1999 daraus einen Band mit gerade mal hundert Seiten Umfang.

Die Inszenierung in der Regie von Bernhard Mikeska entführt das Publikum, das mit VR-Brillen ausgestattet wird, im Verlauf der Lesung immer wieder in die Welt Brunkes und bietet mit dem Wechsel der Erzählebenen ein neuartiges Theatererlebnis: Die Geschichte, mit der Brasch sich seiner eigenen Abgründe vergewissern wollte, verschlingt den alternden Autor. Die Realitäten überlagern sich im Lauf des Abends, die Grenze zwischen Brasch und Brunke verschwimmt. Bald wird fraglich, wer von den Beteiligten dieser Geschichte eigentlich zum Opfer fällt.


Thomas Brasch war ein deutscher Schriftsteller, Dramatiker, Dichter, Drehbuchautor und Regisseur. Er wurde als Sohn jüdischer Emigranten in England geboren und zog 1947 mit seiner Familie in die sowjetische Besatzungszone. Seine Texte wurden vermehrt von der DDR-Regierung zensiert. Mitte der 1970er stellte er einen Ausreiseantrag und zog mit seiner Partnerin Katharina Thalbach und deren Tochter Anna nach Westberlin. Zu seinen bekanntesten Werken gehören »Lovely Rita«, »Vor den Vätern sterben die Söhne« und »Der schöne 27. September«. Auch als Filmregisseur machte sich Thomas Brasch einen Namen. Bereits sein Debütfilm »Engel aus Eisen« (1981) wurde mehrfach ausgezeichnet. 2001 starb Thomas Brasch in Berlin an Herzversagen.