Es könnte ein ganz normaler Familienbesuch sein mit all den bekannten Höhen und Tiefen - vor allem Tiefen. Vater und Mutter besuchen Tochter und Schwiegersohn. Man mäkelt am Essen, äußert seine despektierliche Skepsis gegeneinander, redet sich in Meinungsverschiedenheiten hinein. Die Paare unterschiedlichen Alters führen sich gegenseitig vor, wie man die Schwächen des jeweiligen Partners schamlos für die kleinen privaten Vergeltungen ausnutzt. Jede Beziehung ist kurz vorm Überkochen, aber der Deckel hält noch. Aus Gewohnheit oder aus Angst vor Veränderung.
So weit ist alles "ganz normal". Wären da nicht die Hunde und die Wanzen. Wäre da nicht das ständige Klingeln an der Tür. Und wäre da nicht der tote Fisch, der sich plötzlich bewegt, das entsetzliche Treppenhaus und das Gewehr. Nach und nach spürt man die Bedrohung hinter allem: ein System, offenkundig diktatorisch, mit strengen Regeln und Hinrichtungen. Besser man spricht nicht zu viel. Die Menschen in diesem System sind deformiert und korrumpiert und versuchen, ihr Leben unter den neuen Vorzeichen fortzuführen, als wäre es noch das alte. Mit mäßigem Erfolg.
Land im Traum ist eine bitterböse Parabel, fast schon schmerzhaft: möglicherweise ein Ausblick darauf, wie es wird, wenn das Land nicht aus dem Traum erwacht. "Deutschland. Heute.", gibt Müller-Elmau als Regieanweisung mit auf den Weg in die Abgründe behaupteter Normalität.
Alexander Müller-Elmau
Land im Traum
2 D, 3 H, 1 Dek
frei zur UA