Im Central Park, New York, nimmt eine kleine tiefgründige Farce ihren Lauf: Das Kindermädchen Millie vertieft sich in eine romantische Erzählung und hofft inständig, auch ihr Leben hielte einmal Liebe bereit. Vielleicht sogar durch den Wachtmeister mit den unbeholfenen poetischen Tendenzen, doch seine deutlichen Annäherungsversuche vermasselt das Baby Tony, das bei allem ein Wörtchen mitzureden hat. Sein Problem ist nur: Die Sätze lassen sich im Kopf formen, aussprechen kann er sie aber noch nicht. Das Baby Tony verzweifelt schier an der Unterforderung, zwar alles wahrnehmen, aber zu nichts Stellung beziehen zu können. Die Babysprache, derer sich Erwachsener im Umgang mit ihm bedienen, beleidigt ihn zutiefst.
Das Baby Moe ist da besser dran, denn seine Mutter hat entdeckt, dass Baby Moe sich am schnellsten beruhigt, wenn man ihm das ABC, das Einmaleins, Straßennamen oder ähnliches vorsagt. Aber auch Moe denkt, dass die Erwachsenen mit ihrem ständigen "mein kleiner Dummer" etc. über ihn lachen. Seine Mutter hält das Zusammenleben mit einem Baby eh für Krieg. Als das Kindermädchen Millie auch noch lautstark eine Hasstirade auf Babies und darauf, wieviel Raum sie beanspruchen, hält, beschließt Moe dorthin zu gehen, wo "die Leute auf einen treten" - also ins Grab. Aber auch das Sterben hat ein Baby nicht selbst in der Hand. Tony bemüht sich darum, Moe wiederaufzubauen: Irgendwann werden sie schon erwachsen werden.
Der Wachtmeister fasst das Dilemma schließlich zusammen: Babies benehmen sich wie Erwachsene und Erwachsene wie Babies. Das große Missverständnis zwischen ihnen ist jedenfalls nicht zu klären. Die Aufgabe kann nur sein, es möglichst unbeschadet zu überstehen.
Thornton Wilder
In den Windeln
Die sieben Lebensalter des Menschen I
(Infancy)
(Infancy)
Deutsch von Hans Sahl
2 D, 3 H, 1 Dek
UA: 11.01.1962 · Circle-in-the-Square Theater, New York · Regie: José Quintero
DSE: 03.03.1963 · Münchner Kammerspiele
DSE: 03.03.1963 · Münchner Kammerspiele