Claire beginnt ihren Vorstellungsmonolog mit einem herzzerreißenden Bekenntnis: "Ich war immer schon allein. Eigentlich mein ganzes Leben lang." Grund genug, sich das reifere Alter mit jugendlichen Liebhabern zu versüßen. Der augenblickliche Favorit ist Tony, ein "opportunistischer Adonis". Wenn da nur nicht die Kinder wären: Tochter Amy, ein "welkes Blümchen", die mit so nervtötenden Problemen wie Hässlichkeit, Alkoholismus und Schwangerschaft geschlagen ist. Oder Philip, das ausgemergelte Nervenbündel, der seine intellektuelle Verlobte Vivian mit ins Haus bringt, die ihn offenbar vor der Homosexualität beschützen muss... Immerhin finden sich Tony und Vivian, Adonis und Athena - womit dann die Welt vollends aus den Fugen wäre. Ein schöner Anlass für zwei lange, schöne, ausführliche und völlig verdrehte Statements zum Thema Liebe, Leben, Sex und Crime...
Rettung findet schließlich das Geschwisterpaar in inniger Umarmung. Amy gibt dem Ausdruck: "Wir sind allein und verängstigt, und es gibt nichts, was wir dagegen tun könnten außer nicht mehr zu existieren und zu vergessen. Wir können jemand mit ins Bett nehmen und uns vormachen, dass wir ihn lieben. Oder es auch lassen. Wir können ihn fest an uns drücken, seine Haut an unserer spüren, ihn riechen und schmecken, und für ein-zwei Minuten können wir vergessen, dass wir danach wieder für immer allein sind."
Nicky Silver
Freier Wille - Wahre Triebe
(Free Will and Wanton Lust)
Deutsch von Andreas Beck / Thomas McClymont
3 D, 2 H, Verwandlungsdek
UA: 1991 · Vortex Theater Company, New York · Regie: Nicky Silver
DSE: 19.10.1997 · Düsseldorfer Schauspielhaus · Regie: Peter Wittenberg
DSE: 19.10.1997 · Düsseldorfer Schauspielhaus · Regie: Peter Wittenberg