Da sitzen sie, kommen nicht weg und warten. Warten auf Informationen, auf das Ende des Stillstands, auf das Weiterleben – und sind gezwungen, es miteinander auszuhalten. Etwa der ehemalige Prenzlberger, der aus Kostengründen nach München gezogen ist und in dem Öko-Spießer-Pärchen auf seinen Lieblingsfeind trifft. Oder der todkranke Werbeclip-Regisseur, der der Mutter seines Kindes wiederbegegnet und sich nun einer Zukunft stellen muss, die er fast mehr fürchtet als den Tod. Oder der Autor, der an allem Mediokren verzweifelt und hier in der Hölle angekommen scheint. 55 Menschen warten in einer Abflughalle, gehen einander auf die Nerven und sich gegenseitig an den Kragen, entblößen Geheimnisse, Wunden und ganz banalen Kleingeist, reden über den Sinn des Seins, über Kunst und den Tod. Wie aufsteigendes Magma drohen Egoismen, Ressentiments und blinde Zerstörungswut die fragile Situation zu sprengen – denn niemand weiß, ob es wirklich stimmt, dass in Island ein Vulkan ausgebrochen ist und den europäischen Flugverkehr lahm legt. (Residenztheater München)
Eyjafjallajökull-Tam-Tam entstand als Auftragsarbeit für das Residenztheater und bot zu Beginn der Intendanz von Martin Kusej allen neuen Ensemble-Mitgliedern einen Auftritt. Der Text ist so konstruiert, daß Passagen weggelassen oder durch Film-Einspielungen ersetzt werden können. Nur einige Rollen sind obligatorisch, sie tragen den Kern der Handlung.
Helmut Krausser
Eyjafjallajökull-Tam-Tam
Auftragsarbeit für das Residenztheater München
UA: 9.10.2011 · Residenztheater München, Marstall · Regie: Robert Lehniger