Rein theoretisch betrachtet haben Paul und Jule nach der Scheidung eine sehr erwachsene Lösung für ihre Fürsorgepflicht gegenüber dem Kind gefunden. Sie wohnen in getrennten Wohnungen, aber auf dem gleichen Stockwerk. Das Kind kann nach Belieben bei jedem Elternteil ein-, aber auch ausgehen. Drei Monate währt nun schon diese juristische Glanzleistung. Das ist ein Grund zum Feiern. Paul lädt auf dem Dach des Hauses zum Fest. Doch der Abend verläuft anders als geplant. Daran sind nicht nur die von ihrem Exmann genervte Jule und der erst bei juristischer Bedürftigkeit wieder ausgegrabene Schulfreund Ingo schuld. Denn neben Herrn Schlegel findet sich auch ein gänzlich stummer Gast ein, dessen Sprachlosigkeit am äußersten Rande der Dachterrasse offenbarungsstimulierend wirkt. Am Ende dieser protokollierten Nacht ist nichts mehr wie es war. Das Arrangement geplatzt, die Freiheit eine Illusion und das Leben offensichtlich nicht paragraphengefügig.
Reto Finger hat in diesem Stück eine meisterhafte Beobachtung über das Leben der Mittdreißiger angestellt. Mit glasklarem Blick und feinem Humor sondiert er sorgfältig die Sehnsüchte einer Gesellschaft, die sich mit dem Überfluss der Möglichkeiten auseinander setzen muss.
"Jeder hat seinen Monolog, seine Seelenentblößungsarie, die Reto Finger poetisch pointiert. Mit leichter Hand verwebt der Schweizer Dramatiker, Jahrgang 1972, diese konzentrierten Texte mit realistischen Dialogen. Das Stück schwebt zwischen absurdem Theater und authentischen Seelenstudien." (Frankfurter Rundschau)
Reto Finger
Einer wie ich würde mich vom Springen auch nicht abhalten
1 D, 4 H
UA: 07.05.2007 · Schauspiel Essen · Regie: Annette Pullen