Jens Roselt

Dollmatch
Schauspiel in 3 Akten
2 D, 1 H, 2 Dek
UA: 20.09.1996 · Staatstheater Mainz (TiC) · Regie: Matthias Merkle
"Ich müßte lügen, sollte ich die Wahrheit sagen."

Nordseeküste. Blick auf eine Landschaft aus Dünen. Sommerliche Kulisse und Schauplatz für eine bizarre Begegnung vor dem Hintergrund einer Regierungskonferenz. Drei Dolmetscher, alle um die dreißig, treffen unvermittelt aufeinander. Tristan, einziger international tätiger Übersetzer Deutsch-Suaheli und in der Situation eines in der Sonne verbrannten Adonis, Marie Claire, diplomierte Kollegin und originelle Hochstaplerin französischer Vokabeln im diplomatischen Dienst, und Brigitte, dritte Spielerin in diesem Dollmatch und mit einem Sportdrachen in der Naturschutzzone zu Fall gekommen.

Ein exzentrisches Spiel um die Identität der Figuren beginnt. Diese "Geheimnisträger mit Pokerface", wie Jens Roselt sie nennt, führen eine Kategorie des Seins vor, die die Differenz zwischen Schein und Wirklichkeit weder erspüren noch verantworten kann. "Nichts meinen sie ernst oder nehmen es für wahr, und doch verlangt die Spielregel, so zu tun, als sei alles ernst und wahr. Zwischen Wahr und Falsch, Ernst und Unernst kann nicht mehr unterschieden werden, obwohl die Figuren sich und den anderen vorspielen, die Trennungslinie genau zu kennen."

Der Grenzgang ermöglicht ein fatales Spiel im Spiel und dessen Intensität mit extremer Konsequenz: "Projekt Götterdämmerung" in Bonn. Im Schatten von Staatsempfang und Krisengipfel ereignet sich die Grenzüberschreitung als terroristischer Akt. Marie Claire entpuppt sich als Komplizin in Erwartung des von Brigitte aus der Ferne gesteuerten Anschlags. Die Bombe geht hoch - und beide werden zu indifferenten Beobachterinnen (in) ihrer eigenen Inszenierung.