Den Dichter Alessandro binden an seine erblindete Frau Anna ausschließlich noch Rücksicht und Mitleid. In Liebe verfallen ist er dem Mädchen Bianca Maria, das diese starken Gefühle erwidert, aber zugleich von Schuldgefühlen der blinden Frau gegenüber gepeinigt wird. Zum dramatischen Höhepunkt geführt wird diese Konstellation durch die inzestuöse Liebe Leonardos zu seiner Schwester Bianca Maria. Um sich von dieser fatalen Leidenschaft zu befreien, ertränkt er sie im Brunnen des Perseus und wird durch das ihn befreiende Verbrechen zum Übermenschen stilisiert.
Weder Leonardo noch Alessandro, der in seiner Leidenschaft für Bianca Maria vor allem sich selbst rücksichtslos zu verwirklichen sucht, sind jedoch die 'übermenschlichen' zentralen Charaktere des Stücks. Mittelpunkt ist Anna - die große Frauenrolle war von D'Annunzio für Eleonora Duse angelegt -, die, obgleich blind, alles 'sieht' und erleidet.
Die tote Stadt ist der Versuch, im antiken Geist heroische Leidenschaften und Verbrechen zu beschwören, die Handlung tritt jedoch zurück hinter pathetisch vorgetragenen Gesten, Stimmungen und klangvollen Kadenzen.
Gabriele D'Annunzio
Die tote Stadt
Tragödie in 5 Akten
(La Città Morta)
(La Città Morta)
3 D, 2 H, 4 Dek