Im Mittelpunkt stehen Groß und Gross, die beide auf verschiedene und doch ähnliche, verschwisterte, Weise, mit ihrer Existenz zu Rande kommen. Der eine, Gross, ist ständig auf der Flucht vor eingebildeten Verfolgern, die er die "Seidels" nennt und für eine gigantische Verschwörergruppe hält. Der andere, Groß, glaubt, das Leid aus der Welt schaffen zu können, und verfolgt seine Mitmenschen ungefragt mit seiner Güte. An der Dissoziation des Wunsches und des Möglichen geht er zugrunde.
Erhöht Gross seine Existenz, indem er sich als Zentrum ominöser Machenschaften sieht, sich als verfolgungswürdig betrachtet, so verleiht Groß seinem Leben Sinn, indem er sich für aufopferungswürdig hält. Doch seine Zuneigung zu den Mitmenschen gestaltet das Leben nicht vernünftiger und erträglicher, sondern legt die Sinnlosigkeit vollends bloß. Das Stück gibt in seinem Mittelteil ein ausführliches Beispiel für diesen Vorgang.
Groß will sich von seinen Freunden Schmidt und Ziegler trennen, weil seine Freundin Sophie seine Hilfe braucht. Die Freunde werfen ihm Verrat vor, versuchen ihn zu halten. Groß, der lieber ginge, folgt ihnen dennoch und muss ihnen aus der Klemme helfen, indem er die beiden der Polizei gegenüber als Irre deklariert, die ihm, dem Arzt, zum Experiment dienen. Kaum hat er den Freunden geholfen, fühlt er sich verpflichtet, die Frau seines Freundes, Hannah, über das Vorgefallene zu informieren, auch wenn Sophie ihn schon lange erwartet. Hannah missbraucht ihn zum Zeugungsakt und erkennt ihn nachher nicht wieder, während Sophie von seinem Freund vergewaltigt wird.
Stefan Schütz
Die Seidels (Groß & Gross)
Stück in 3 Teilen
3 D, 5 H, Verwandlungsdek
UA: 01.11.1986 · Städtische Bühnen, Osnabrück · Regie: Goswin Moniac / Martin Stein