"Wer singt, der zeigt seine Seele." Den Wahlspruch ihres Vaters, einem mittellosen irischen Bänkelsänger, hält Lizzie durch ihr Wanderleben als Künstlerin in Ehren. Als Can Can-Tänzerin ist sie, gemeinsam mit ihrer Freundin Jelly, die Hauptattraktion in den englischen Seebädern. Aber sie sehnt sich nach Irland zurück.
Auch Robert ist Ire, auch er fühlt sich heimatlos. Er hat im Krieg seine Brüder begraben müssen. Traumatisiert irrt er durch England. Er strandet bei Lizzie, beide lernen sich lieben, heiraten und gehen gemeinsam nach Hause.
In Irland stoßen sie auf eine snobistische Gesellschaft, die starr und zwanghaft an den "guten alten Zeiten" festhält, allen voran Lucinda, Roberts Mutter. Lizzie mit ihrer aufgeschlossenen und selbständigen Art ist ein Fremdkörper. Auf einem Ball bemüht sich die Gesellschaft zunächst, ihr Ressentiment gegenüber der Varieté-Künstlerin nicht zu deutlich zu zeigen. Aber die Freundlichkeit ist durchschaubar aufgesetzt. Sie kippt vollends, als Robert preisgibt, dass keiner seiner Brüder ruhmreich gestorben ist. Das Paar wird des Hauses verwiesen. Selbst Lucinda muss die Unerbittlichkeit, mit der die Gesellschaft sich gegen alles stellt, was ihre Grundfeste erschüttert, erfahren. Für sie kommt die Ablehnung einem Todesurteil gleich. Lizzie und Robert, ernüchtert ob so viel Bigotterie, nehmen ihr Wanderleben wieder auf. Die Music Halls mit ihrer Welt aus Schein versprechen mehr Ehrlichkeit.
Barry schreibt in atmosphärisch dichten Szenen nicht mehr und nicht weniger als den Abgesang auf ein zu Ende gehendes Jahrhundert.
Sebastian Barry
Die einzig wahre Lebensgeschichte der Lizzie Finn
(The Only True History of Lizzie Finn)
Deutsch von Martin Michael Driessen
4 D, 4 H, St, Verwandlungsdek
UA: Oktober 1995 · Abbey Theatre, Dublin
frei zur DSE