Ratte ist der neue Zögling in einem Heim der siebziger Jahre. Er wird konfrontiert mit Erziehern, die in der Uniformität die einzige Gewähr für eine intakte Gruppe sehen. Und er stößt auf Jugendliche, die aus der Gesellschaft ausgestoßen sind: weil sie uneheliche Kinder sind, weil sie ihre Lehre abgebrochen haben, weil sie nicht anders als mit Kleinkriminalität auf sich aufmerksam machen konnten.
Ratte muss seine Haare schneiden lassen, Boa wird nach einem erneuten Fluchtversuch wieder eingefangen, Schnecke, Wolf und Qualle entdecken das Schnüffeln als Flucht im Kopf. Alle verkümmern bei ihrer Arbeit: sie müssen Kugelschreiber zusammendrehen.
Einzig der junge Pädagoge Kauz versucht, mit Gruppentherapie und Einzelgesprächen den alten Geist durch neue Methoden zu ersetzen. Angeregt durch ihn proben die Jugendlichen den Aufstand. Aber das rigide System ist noch zu mächtig: Ratte verrät Wolf als Rädelsführer, weil ihm versprochen wird, dass er das Heim ein Jahr früher verlassen darf. Die Revolte mündet in eine fatale Katastrophe.
Angeregt von Ulrike Meinhofs Bambule klagt Nils Höpfner die inhumanen Methoden einer Erziehung an, deren Hauptziel es ist, den eigenen Willen zu brechen. Sein "Schauspiel der Gegenwart" ist auch ein Beispiel dafür, wie sich neue Erkenntnisse mühsam gegen das bequeme Alte durchsetzen müssen.
Niels Höpfner
Die Dressur
Schauspiel in 24 Szenen
8 H, Verwandlungsdek
frei zur UA