War alles ganz weiß. Vom Schnee.
Von der Milch kann’s auch gewesen sein.
Meine Wangen fast glühend.
Glücklich war ich beim Melken. Was nicht bloß am Peter gelegen hat. Auch an der
frischen Luft und der vielen Zeit,
die ’s in den Bergen noch gibt.
Für die Liebe zum Geißenpeter macht sie alles. Die Frau, deren größte Nebenbuhlerin eine Ziege ist. Eine bedingungslose Liebe, die sie verteidigt bis auf’s Blut. Geneidet wird ihr dieses Glück der uneingeschränkten Hingabe von den Nachbarn mit dem Schreikind, der unglücklichen Frau des Polizisten und der Freundin Clara, deren Vater gerade in regem Austausch mit dem Sensemann steht.
All diese Figuren und ein verliebter Polizist treffen aufeinander. Sie dringen ein in die Zurückgezogenheit der Frau, die sich eins mit Heidi glaubt. Die in ihrem Streben nach Höherem der Wirklichkeit entflieht. Die sich, befreit von irdischer Last, der unerwiderten Liebe zum Peter hingibt. Für die das Paradies hoch oben in den Bergen liegt und die in behaupteter Selbstverstümmelung einen Abgesang auf die Weiblichkeit ertönen lässt.
In Die Brust von der Frau aus Chur prallt die Paarbeziehung auf die selbstgewählte Isolation. Die Schreikindfamilie sucht Heidis Ruhe, das Polizistenpaar ihre Gelassenheit und die vaterfixierte Clara ihre Selbständigkeit. Die Frau selbst wähnt sich glückselig in einer Mischung aus Gottergebenheit und Selbstaufgabe. Was zunächst beneidenswert erscheint, wird Heidis Jüngern immer unerträglicher. Das HEIDI steht für die fleckenlose Unschuld – und wird dafür geliebt. Doch dies ist nur noch im Mythos zu ertragen.
Beate Faßnacht
Die Brust von der Frau aus Chur
4 D, 2 H
UA: 20.09.2008 · Theater Basel · Regie: Marie Bues