"Endlich in München kann ich mir irgendeine suchen, aber ich war kein angenehmer Gast. Immer wenn ich aus dem Werkzeugschrank einen Nagel nahm, fragte ich mich, dass sie mich noch ertragen?! Als ich die letzten Bilder gemalt hatte, ging ich. Als meine Tante Ella im Sterben lag, malte ich, und nach dem Selbstmordversuch einer meiner Töchter, malte ich. Und jetzt, da ich Susn verlieren will, male ich; Affen besteigen meinen Tisch. Mit jedem Bild, das abgeholt wird, verliert dieses Haus ein Stück Deiner Seele, schreibt Susn mit ihrer runden Schrift. Wieder hat es mir weder Herz noch Kopf zerrissen, flüsterte ich ihr, als sie das letzte Mal da war, aufgeregt ins Gesicht. Aber wenn man schreibt, das ist ja viel leiser als flüstern. Verschwiegen schiebt man jemand eine Aussage zu, weshalb Literatur nur Verständigung zwischen Eingeweihten sein kann. Am Telefon meinte Susn, das sei ein Stück über uns zwei und wieder diese billige Seelenlosigkeit. Ich schrieb es in 5 Tagen hintereinander und kann mir wie immer nicht vorstellen, je wieder ein Stück zu schreiben. Die Zerrissenheit könnte nicht ausgeglichener sein; Breitenbach, die Grundsituation wird nichts mehr, schon ebenso wie Arizona. Aber dass der Orchideenstrauch blüht, kann ich mir selber nicht erklären. Gebt auch eins meiner letzten Bilder zurück, das heißt wies kommt." (Herbert Achternbusch)
Herbert Achternbusch
Der Stiefel und sein Socken
1 D, 1 H, 1 Dek
UA: 23.12.1993 · Münchner Kammerspiele · Regie: Herbert Achternbusch
Übersetzt in: English, French, Russian, Spanish