"So nicht-existent wie München ist, so existent kann München niemals sein, außer mit Bier." Hartnäckig klug halten Hick von Bouillon und Michael von Fraaß, die beiden merkwürdigen Realitätsforscher in Herbert Achternbuschs neuem Stück, an dieser These fest: daß die Stadt München eine Stätte des Scheins, der Illusion, der bloßen Einbildung und der abervielen Täuschungen sei, eine Rauschgeburt. Bloß ein einziges Mal nicht ins Gasthaus gegangen und nicht in den Bierrausch hineingestürzt, der München eben erst existent macht - ist es nie wieder gutzumachen? Auf der Reise ihres langen Tages wohl einmaliger Nüchternheit werden die Wirklichkeitssucher zu Traumreisenden, denn wenn die Schein - Existenz Münchens schwindet, wird plötzlich eine ganz andere Landschaft gewahr, in die man sich verirrt: "Wir ziehen nur um die Insel der Seligen herum. Oberbayern, La Mancha, Peleponnes, wir ziehen herum. Machtlfing, Erling, wir ziehen herum. Und wenn wir vor dem Moorteich sitzen, ziehen wir um die Insel der Seligen."
Die dabei gesuchte und erhoffte Glückseligkeit käme nach Hicks Ansicht wohl nur von einer griechischen Göttin. Jedenfalls nicht von seiner eigenen Frau Marjy, die IM dienst ihres Mannes einen erbitterten streit mit dem Münchner Kommunalreferat über die schändlichen Mietwohnbedingungen führt. Aber auch die Aufopferung Marjas kann Hick nicht halten, der auf der Suche nach seiner Göttin Daphne bleibt. "Wo du etwas Neues wahrnimmst, nimm es hin, verschließe es in deiner Seele, es wird zum Andechs deines Herzens, und die blaue Göttin kann entstehen." (Münchner Kammerspiele)
Herbert Achternbusch
Daphne von Andechs
Mysterienspiel
4 D, 4 H
UA: 24.10.2001 · Münchner Kammerspiele · Regie: Herbert Achternbusch