Der Mann ohne Hund, ein Rocker, Kassiererinnen, Bauarbeiter, drei Rumänen, die Frau mit dem Fotoladen, ein Kneipenwirt, Straßenbahnpassagiere ...
Sie begegnen sich zufällig, gehen aneinander vorbei oder berühren sich flüchtig, sind miteinander verwoben, meist ohne, dass sie es wissen: Menschen in einer Großstadt. Sie sind in ihrem eigenen Dasein eingekapselt, sprechen für und von sich und manchmal nur miteinander. In schlaglichtartigen Szenen entsteht aus der Mixtur von Menschen ein ganzes Panorama.
Auf der Greifswalder Straße laufen ihre Fäden zusammen, Fäden, die zum Zerreißen gespannt sind. Gleich am Anfang die Prophezeiung: "Ich bin hier um dich zu warnen, Rudolf. Nimm dich in acht vor dem langen Mädchen. Nimm dich in acht vor der Giraffe." 24 Stunden bleiben ihm. Und Rudolf rennt durch die Straße und Kneipen auf der Suche nach einer Antwort: Was soll er mit der Zeit tun, die er noch hat?
24 Stunden. Die Sonne scheint am Himmel still zu stehen, für alle. Der Motor läuft, gerät ins Stottern und setzt mitunter aus. Die Alltäglichkeit hat einen Riss.
"Es kommt mir vor, als ob die ganze Stadt auf etwas wartet.
Es kommt mir vor, als ob ich selber warte."
Wie Robert Altmann in Short Cuts bündelt Schimmelpfennig in der Konzentration auf einen Ort ein Stück Gegenwart. Eine Gegenwart mit doppeltem Boden allerdings, die in ihren zufälligen Momenten ein Geheimnis birgt, etwas Undurchschaubares, das die Menschen aus dem Konzept bringt.
Roland Schimmelpfennig
Auf der Greifswalder Straße
15 D, 19 H, (Doppelbesetzungen möglich), St
UA: Januar 2006 · Deutsches Theater, Berlin · Regie: Jürgen Gosch
Übersetzt in: Czech, English, Spanish, Swedish