Roland Schimmelpfennig

Ein alter Mann und ein Frau Mitte Dreißig: Joseph und Ruby, ein ungleiches Paar, sie sind befreundet, aber vielleicht bilden sie auch nur so etwas wie eine Notgemeinschaft, denn beide sind ohne Arbeit, kommen auf dem Markt nicht mehr vor. Also beschäftigen sie sich so gut es eben geht; sie sind keine Jäger, aber dafür werden sie zu Sammlern, sie sammeln Bilder: sie sammeln Paare von toten Tieren, die sie im Fernsehen gesehen haben, sie sammeln Namen von Lippenstiften, die ihnen im Kaufhaus angeboten werden, sie sammeln Fernsehbilder wie auch Bilder der Warenwelt, sie sammeln Erinnerungen, Wörter und Zeit.

RUBY: Einem wird mit einer Eisenstange der Kopf zertrümmert. Einer wird von hinten erschossen, einer stürzt nach verlorenem Kampf von der Dachkante eines Wolkenkratzers, stürzt unzählige Stockwerke in die Tiefe, einen Mann trifft eine Kugel in die Stirn, in den Hinterkopf, in die Brust, in den Hals, manchmal zertrümmert die Kugel dicht unterhalb des Ohrs die Schädelbasis.
Ein Mann um die Vierzig wird durch einen hydraulischen Trick seines Gegenspielers von einem metallenen Brennstab durchbohrt, aufgespießt, Frauen werden stranguliert, mit Strümpfen, Tüchern oder fast haarfeinen Stahlseilen, die dabei tief in die Haut einschneiden, ein Mann um die
Dreißig explodiert durch einen Sprengsatz, eine Bombe, durch eine Tretmine und fliegt hoch durch die Luft.