Was spricht eigentlich gegen ein geiles Leben? Irgendwie immer die spröde Realität. Aber das Wollen selbst ist schon kein schlechter Anfang. Wie sich selbst in Aerobic das Geile finden lässt und der Druck Druck Druck gegen die Liebe chancenlos ist, hat Friederike Emmerling bei der Uraufführung von HEARTSHIP in Zürich freudestrahlend herausgefunden.
Sara Sams will Ann Kudann kennenlernen. Ann Kudann will Sara Sams auch kennenlernen, aber sie ist sehr schüchtern. Und Sara Sams ist einschüchternd forsch. Auch hartnäckig, weshalb die beiden sich schließlich doch noch kennenlernen und verstehen und schließlich vertrauen und dann verlieben, rein platonisch, aber mit großer Zärtlichkeit: Heartship eben.
Im Januar ist nun das erste Heartship mit Alicia Aumüller und Katrin Wichmann am Schauspielhaus Zürich lustvoll in See gestochen. Die beiden Frauen auf der Bühne der Pfauenbox in der Regie von Ebru Tartici Borchers zu erleben, ist ein Ereignis. Wer Katrin Wichmann als lebenslustige Sara Sams beim komödiantischen Abfeuern ungehaltener feministischer Reden erlebt, bekommt ein verzücktes Dauergrinsen nicht mehr aus dem Gesicht. Und wenn Alicia Aumüllers kühl-elegante, zwangsgestörte Ann Kudann irgendwann von der überschäumenden Lebensfreude zurück ins Leben gespült wird, macht das einfach glücklich. Heartship ist eine abgrundtief fröhliche Liebeserklärung an das tolerante Miteinander und gleichzeitig eine feministische Kampfansage an das Patriarchat.
Die Polarisierung dieser zärtlichen Allianz sollte bei aller Freude aber auf keinen Fall unterschätzt werden. Schon bei einem Kritiker der NZZ führte der Text ganz offensichtlich dazu, sorgsam behütete Banalisierungsmechanismen zum Einsturz zu bringen:
“Und so hofft man eine Weile noch, dass es sich bei Heartship nicht schon wieder um ein Stück über notgeile Typen und Sexualstraftäter handle. (...) Den übergriffigen Typen hat dieses Theater tatsächlich schon sehr viel Aufmerksamkeit geschenkt – so viel, dass man sich ja auch als Mann zu fürchten beginnt vor seinesgleichen.” (NZZ, Ueli Bernays)
Wie anders doch die Wahrnehmung von Isabel Hemmel aus dem Tagesanzeiger:
“Heartship erzählt von einer Freundschaft zwischen zwei ungleichen Frauen. Das könnte banal sein, wenn der Text von Caren Jess nicht so gut wäre.”
Zu all dem hätte Sara Sams sowieso sofort eine Antwort parat:
“Aber ich lass mir doch vom Niedergang der Gesellschaft nicht die Petersilie verhageln! Ich will dieses Leben! In geil!”
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