Hannah Zufall

Duftende Dramatik ~ GLORIA von Hannah Zufall

Mit GLORIA hat uns Hannah Zufall ein wunderbar zartes, anrührendes Drama geschenkt. Die titelgebende Gloria kann so gut riechen wie ein Hund und befindet sich im Zustand einer olfaktorischen Dauerüberforderung. In unserem Foto-Journal gibt die Autorin Einblicke in ihren persönlichen Rechercheprozess. Gerüche lassen sich vielleicht nicht fotografieren, aber vielleicht können Bilder Assoziationen von Gerüchen wecken? Hier finden Sie abfotografierte Bücher, Geruchsproben und Notizen, die die Autorin begleitet haben.

 

Gloria ist eine junge, selbstbewusste Frau. Sie ist nicht wie andere. Dank der eigenwilligen Erziehung durch ihre Mutter kann sie so gut riechen wie ein Hund. Ihre Nase wittert, an welchen Krankheiten die Menschen leiden. Sie kann riechen, welche Gefühle sie mit Ihrem Deo überdecken wollen. Gloria ist auf Sinnsuche in einer Welt der Vereinzelung und des Misstrauens. In der auch ihre Mutter, die überfürsorgliche Matriarchin, keinen Halt bietet. Denn sie umgibt seit längerem schon der schale Geruch von Vergissmeinnicht. Ganz zärtlich, ganz langsam bahnt sich eine Beziehung zum Mann von der Müllabfuhr an. Seine Haut hat einen unwiderstehlich leichten Quittengeruch. Ob er Platz in Glorias Leben findet, sei hier noch nicht verraten.

 

Hannah Zufall arbeitet in GLORIA an der Grenze des Ausdrucks, da zumindest die deutsche Sprache im Geruchsbereich kaum "reine Riechworte" besitzt. Es ist wirklich erstaunlich, wie sie die Welt der Gerüche sprachlich umkreist Ihre Sprache ist konzentriert, schillert im Beschreiben des Alltäglichen. GLORIA ist ein Stück für alle, für die das Leben viel zu viel wird, die sich alleingelassen fühlen. Trost spendende, Hoffnung stiftende Dramatik für alle Sinne.

Eine echte Entdeckung für alle mit dem feinen Riecher für Neue Dramatik.

 

"Die Nase täuscht nur vor, ein Sinn zu sein. Aber sie ergibt keinen Sinn, nein,
sie ergibt sich der Sinnlosigkeit, immer und immer wieder!
Schwarze Löcher eines verklebten Selbst, die Flügel überspannt und wund gerieben.
Wo endet die Nase und wo fange ich an!?
Was andere ausrotzen, vergiftet mir das Sein.
Und auch auf der Zunge zerfallen die Gerüche wie modrige Pilze.
Es ist einfach zu viel.
Es sind zu viele Informationen über diese Welt.
Wo sollen die hin in mir, wenn sie niemand sonst will?"

(GLORIA)


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