Sabrina Zwach & Gesine Danckwart

3 Fragen an...Gesine Danckwart und Sabrina Zwach zu ihrem Lesehappening FRIEDEN FÜR ALLE am Theater Münster

3 Fragen an...Gesine Danckwart und Sabrina Zwach zu ihrem Lesehappening FRIEDEN FÜR ALLE am Theater Münster(c) Michael Lyra

Das Künstler*innen-Kollektiv Chez Company inszeniert für das 375. Jubiläum des Westfälischen Friedens FRIEDEN FÜR ALLE - ein öffentliches Nachdenken über den Frieden und Friedensverhandlungen am Theater Münster. Gemeinsam mit Schauspieler*innen, Flaneur*innen und Stadtakteur*innen liest und performt das Kollektiv einen von den Autorinnen Gesine Danckwart und Sabrina Zwach geschriebenen Text als Akt der zivilen Aushandlung und der Begegnung im öffentlichen Raum. Wir haben die beiden Autorinnen interviewt:

 


Ihr habt vom Theater Münster den Auftrag bekommen, zum Thema Frieden zu arbeiten. Wie geht man da ran? War das von Anfang an klar, dass das eine Uraufführung wird?

 

Wir haben erstmal nach einem spezifischen Zugang gesucht, den wir dem Thema angemessen fanden. Frieden und damit auch Krieg ist natürlich ein Thema, das ungeheuer komplex und schwer ist. Und natürlich war und ist, obwohl es viele Kriegsherde auf der Welt gibt, durch den Krieg in der Ukraine eine andere Brisanz und Nähe für uns entstanden. Eine eigene Erschütterung, wenn man Soldaten wie aus vergangenen Zeiten - wie dem 1. Weltkrieg - in matschigen Schützengräben hocken sieht, die Diskurse um Waffenlieferungen und Gebietseroberungen, über Pazifismus verfolgt.
Außerdem haben wir uns dann mit dem 30-jährigen Krieg beschäftigt, mit der Situation in Münster. Aus vielen Überlegungen und Ideen heraus hatten wir dann einen Zugriff, der uns tragend erschien.


 

Ihr habt „Mit Frieden für alle“ ein Format erfunden, dass es so noch gar nicht gibt?

 

Ja. Wir haben ein kollektives Lesehappening erfunden. Ausschlaggebend war die Vorstellung, dieses Thema nicht frontal von der Bühne senden zu wollen. Friedensverhandlungen, und auf die wollten wir uns schließlich fokussieren, sind umso erfolgreicher, je stärker die Zivilgesellschaft involviert ist. Besonders auch Frauen. Daher kam die Idee, die Recherche durch Interviews und Aufrufe in die Stadtgesellschaft zu ergänzen. Und noch weiter zu gehen: Den gemeinsam von uns beiden geschriebenen „Kunst"-Text dann durch Bürger und Bürgerinnen lesen zu lassen. Jede Person kann sich entscheiden, lese ich diese oder jene Passage mit, jede Person kann sich mit Passagen identifizieren oder eben nicht, muss sich aber verhalten ohne in den Zustand des Mitmachtheaters zu gelangen. Fragen bleiben dann, wie: Wo torpediere ich selbst Friedenslösungen- auch im persönlichen, familiären Bereich etwa. Es ist sehr berührend, wenn man dann nur einige sehr wenige Stimmen die Passagen lesen hört, die beispielsweise eigene Kriegserfahrungen thematisieren. Wer hat die in unserer Gesellschaft? Die Situation ist ähnlich die einer Leseprobe: In der alle aufmerksam, wach, und gleichzeitig schon lustvoll performative Momente ausprobieren. Wir waren überrascht, wie spielerisch Passant*innen sich Monologe, wie etwa den des Kriegstreibers gegriffen haben. Was wir gespiegelt bekommen haben, ist dass ein kollektives Erlebnis entsteht, das so in dieser Form sehr besonders ist.

 

Wie kann man und wer kann den Text aus Münster nachspielen?

 

Wir haben eine Inszenierungsaufstellung mit moderierenden Schauspielerinnen eingerichtet, die an verschiedenen Orten im öffentlichen Raum in Münster stattfindet. Wir können uns aber verschiedenste Variationen vorstellen und würden uns freuen, wenn sich Theater oder Regieteams diesen Text für ihre ganz eigene Spielsituation greifen. Ist der Text etwas, was man ähnlich wie in Münster nach draußen bringt? Oder etwa durch eine Lesesituation im Theater nach innen? Der Text projiziert auf die Außenwand des Theaters. Der Text angepasst an andere Orte. Denkbar sind Aufführungen mit partizipativ arbeitenden Häusern, die vielleicht sowieso schon eine Bürgerbühne haben? Oder wir denken an Festivals, da die Spielsituation des Lesehappenings unaufwändig eingerichtet werden kann. Viele Möglichkeiten sind denkbar: Im Opernfoyer oder vor dem Rathaus einer Stadt, chorisch eingerichtet mit Schauspieler*innen, als Komposition, oder ganz ganz anders.
Da wären wir neugierig - und alles ist möglich!


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