Ferdinand Schmalz

Immer Theater mit der Tiefkühlkost: Ferdinand Schmalz im Uraufführungsglück

Immer Theater mit der Tiefkühlkost: Ferdinand Schmalz im Uraufführungsglück

Der grandiose Debütroman des Bachmann-Preisträgers Ferdinand Schmalz MEIN LIEBLINGSTIER HEISST WINTER ist endlich auf der Bühne angekommen und beschert uns ein kunstvolles Theaterwunder. Bettina Walther berichtet anlässlich der Uraufführung in Frankfurt, wie ein Roman auf der Bühne einfach ein Roman bleiben kann und gleichzeitig alle Mittel des Theaters auf spektakuläre Art und Weise heraufbeschworen werden.

 

Doktor Schauer ist fest entschlossen, sich zum Sterben in eine Tiefkühltruhe zu legen. Tiefkühlkostvertreter Franz Schlicht soll dann den gefrorenen Körper entsorgen - so ist es verabredet. Als dann allerdings die Truhe leer ist, muss sich Schlicht auf die Suche nach der gefrorenen Leiche begeben. Und das ausgerechnet mitten in der größten Wiener Hitze. Eine abgründige Tour nimmt also ihren Lauf, die nicht zuletzt quer durch die österreichische Gesellschaft führt, skurril, intelligent und mit großem Sprachwitz. Eine Kriminalgroteske vom Leben und Sterben, die bei der Regisseurin Rieke Süßkow in den allerbesten Händen gelandet ist. Denn Roman und Bühne treffen bei ihr auf eine selbstverständliche Weise aufeinander, über die man nur staunen kann. Die bildhafte Prosa von Ferdinand Schmalz findet in Rieke Süßkows Regiefassung und auf der bildgewaltigen Bühne Marlene Lockemanns eine neue dramatische Heimat. Es ist, als würde man im Roman spazieren gehen und dabei den Schmalzschen Figuren leibhaftig folgen oder auch entgegen gehen - je nachdem wohin sie sich gerade mit der Bühne drehen. Und dabei wirken die Figuren, als hätten sie schon immer zum Theater gewollt, als hätten sie sich schon immer in Schauspieler verwandeln und auf genau dieser Bühne stehen wollen. Auf dieser Bühne, die Rieke Süßkow zum Schaukasten macht, ist der Roman in seinem ganzen Reichtum zu bestaunen: Comic-Strips, Stand-Stills, Close-ups, Schlaglichter auf Szenen voller Aberwitz, an denen man sich kaum sattsehen kann, bevor sich dann die Figuren wieder selbstständig machen, in der glühend heißen sommerlichen Betonwüste Eis schlecken oder im Vergnügungspark die Makroechsen schrubben. ”Die Umsetzung auf der Bühne ist ein Meisterwerk,” jubelt dann auch der Deutschlandfunk. Wer sich also je gefragt hat, warum ein Roman auf die Bühne muss, der bekommt in Frankfurt die Antwort. Aber nicht die einzige. Denn so kongenial diese Umsetzung von Rieke Süßkow ist, auch der preisgekrönte Dramatiker Ferdinand Schmalz hat seinen Roman selbst nochmal bearbeitet - und zwar zunächst als Hörspiel für den NDR. Die Ursendung in der Regie von Henri Hüster wird im Juli erwartet. Und diese Hörspielfassung ist auch eine Theaterfassung geworden - mehr noch ein wunderbar gewitztes Theaterstück über den Tiefkühlkostvertreter Franz Schlicht, der seinem Kunden, Doktor Schauer verspricht ihm bei seinem eiskalten Suizid zu assistieren, um dann ausgerechnet während der heißen Hundstage auf eine im wahrsten Sinne des Wortes abgründige Suche nach der Leiche zu gehen...
Es ist also auf weiteres wunderbares Theater rund um die Tiefkühlkost zu hoffen.

 

MEIN LIEBLINGSTIER HEISST WINTER nach Ferdinand Schmalz
für die Bühne bearbeitet von Rieke Süßkow und Katja Herlemann
Bühne Marlene Lockemann, Kostüme: Sabrina Bosshard, Sound Design & Komposition: Max Windisch Spoerk.
Uraufführung am 26.3.2023, Schauspiel Frankfurt.

 

MEIN LIEBLINGSTIER HEISST WINTER erweiterte Theaterfassung basierend auf der Hörspielfassung von Ferdinand Schmalz nach seinem gleichnamigen Roman


zurück zum Journal