Fiston Mwanza Mujila & Yade Yasemin Önder

Sommerlektüre 2022: Unsere aktuellen Stoffrechte zur Dramatisierung – neue Romane von László Krasznahorkai, Fiston Mwanza Mujila, Yade Yasemin Önder, Katerina Poladjan und Anna Yeliz Schentke

 

Sommerzeit ist Lesezeit – ob am Strand oder auf der Alm – überall empfiehlt sich ein gutes Buch. Und noch besser, eines, das man für die Bühne adaptieren kann. Zum Saisonende möchten wir einige unserer aktuellen Stoffrechte vorstellen. Wir präsentieren neue Titel von Fiston Mwanza Mujila, Katerina Poladjan, Yade Yasemin Önder, Anna Yeliz Schentke und László Krasznahorkai. Es sind sprachgewaltige, absurde, philosophische, aufwühlende, verspielte Prosatexte, die nur darauf warten, den Bühnenraum zu erobern. Neugierig? Auf unserer Website finden Sie zahlreiche weitere Romane zur Dramatisierung.


László Krasznahorkai: HERSCHT 07769 (S. FISCHER)

 

# Wölfe
# Neonazis
# Apokalypse

„Jedes meiner Bücher soll die literarische Landkarte verschieben”, sagt László Krasznahorkai, dem 2015 der International Man Booker Prize verliehen wurde. 1954 in Gyula/Ungarn geboren, gilt er als einer der innovativsten Schriftsteller Europas, dessen Romane SATANSTANGO und MELANCHOLIE DES WIDERSTANDS überall auf der Welt begeistert aufgenommen werden. Mit seinem neuen Roman HERSCHT 07769 erweitert er die literarische Landkarte ins apokalyptisch Abgründige.
Kana wäre eine vergessene Stadt irgendwo in Thüringen, hätte ihre abgelegene Trostlosigkeit nicht Neonazis angelockt. Die Einwohner betrachten sie mit Angst und Argwohn. Allein Florian Herscht meint, er habe Freunde auf beiden Seiten: ein hilfsbereiter Muskelprotz, der sich vor Tattoos fürchtet und glaubt, das Universum stürze demnächst ins Nichts. Um alle vor der vermeintlichen Katastrophe zu warnen, schreibt er Briefe an Frau Merkel, die ohne Antwort bleiben. Doch seine Unschuld macht ihn hellsichtig, und nur die Musik Bachs kann ihn trösten. Plötzlich tauchen am Waldrand Wölfe auf, die Apokalypse rückt tatsächlich näher…Literarisch mit großem Sog überrascht László Krasznahorkai mit einem Roman voll beängstigender deutscher Gegenwart, mit melancholischem Humor und abgründigem Sarkasmus.

 

„Dieses Buch ist wie der Teilchenbeschleuniger, vor dem sich Herscht so fürchtet... Ein unfassbarer Teufelstango!” (Clemens Meyer)


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Fiston Mwanza Mujila: TANZ DER TEUFEL (Zsolnay)

 

# Bürgerkrieg
# Sprachwucherung
# Kolonialismus

 

Für Fiston Mwanza Mujila ist der Schriftsteller ein Archäologe: „Er geht flussaufwärts bis zur Quelle. Aus den Überresten erschafft er sein Universum.” In seinem neuen Roman erzählt er von seinem Kindheitsland - das Grenzgebiet zwischen Zaire/Kongo und Angola in den 1990er Jahren. Virtuos, schillernd und unerhört musikalisch stellt er wichtige gesellschaftspolitische Ereignisse ins Rampenlicht.

Im Grenzgebiet, in den Minen von Lunda Norte und im Zentrum von Lubumbashi tanzen Frauen ohne Alter, Diamantensucher, Gauner und Agenten aus aller Welt den „Tanz der Teufel“. Neben absurden Dialogen und einer Fülle von Erzählsträngen und Abschweifungen ist es vor allem die Musik, die den Rhythmus von Fiston Mwanza Mujilas neuem Roman vorgibt. Und die Ironie des Romans lässt die Auswirkungen von Kolonialisierung, Globalisierung, Raubbau und Bürgerkrieg nur noch deutlicher erscheinen. Mit seinem gefeierten Debüt TRAM 83 hat Fiston Mwanza Mujila eine völlig neue Art von Roman erschaffen. Sein neues Buch ist noch schillernder, noch virtuoser und dabei noch politischer.

 

„TANZ DER TEUFEL ist eine zutiefst menschliche Romanerfahrung, ein Loblied auf das Hier und Jetzt und die unendlichen Möglichkeiten von morgen.” (WDR 5)

 

„Der Text hat einen wahnsinnigen Rhythmus, auf den man sich immer wieder einlassen muss, der einen stellenweise mitreißt und dann aber auch wieder innehalten lässt. […] Da ist Spannung drin, aber auch viel Humor. […] Bestechend komponiert, brutal und leicht zugleich. […] Großes Kino!” (RBB)

 

Wir vertreten außerdem Fiston Mwanza Mujilas mehrfach preisgekrönten Debütroman TRAM 83 als Bühnenstoff.


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Yade Yasemin Önder: WIR WISSEN, WIR KÖNNTEN, UND FALLEN SYNCHRON (Kiepenheuer & Witsch)

 

# Fremdheit
# Körper
# Identität

 

Yade Önders Romandebüt ist ein großartiges, anarchistisches Sprachereignis. Ein wilder Roman über den Körper, über Fremdheit und Ankommen, über Identität und Differenz, der durch seine Kühnheit immer wieder verblüfft: schnell und klug und bei aller Düsterkeit irrsinnig komisch.

Schon immer haben drei Bestandteile ausgereicht, um die Welt neu zu erschaffen und zurück ins Chaos zu stürzen: Vater, Mutter, Kind. Yade Yasemin Önder bringt diese Akteure so virtuos auf Kollisionskurs, dass einem die Luft wegbleibt: ein im schönsten Sinne atemberaubendes Debüt.
Im Jahr nach Tschernobyl wird die Ich-Erzählerin geboren, irgendwo in der Westdeutschen Provinz, als „Mischling aus meiner Mutter und meinem Vater”, wie es heißt. Doch die intakte Kernfamilie währt nicht lange: Der türkische Vater (so übergewichtig, dass man „fast nichts mit ihm machen kann, was mit Schwerkraft zu tun hat”) stirbt. Alleingelassen ergeben Tochter und Mutter eine toxische Mischung. Der Roman erzählt, wie ein Mädchen hinausfindet aus einer beschädigten Familienaufstellung hinein in eine düster-funkelnde BRD. Er erzählt von einem Großvater mit Loch im Hals, von Sommern in Istanbul, die nach zu heißen Elektrogeräten riechen und nach Anis; von Dingen und Menschen, die auf Nimmerwiedersehen aus dem Fenster fliegen. Es ist die Geschichte einer jungen Frau, die sich immer wieder verliert und wiederfindet, auseinanderfällt und neu zusammensetzt. Bei alldem bleibt der Vater ein Wiedergänger, der deutlich macht: Auch jemand, der fehlt, kann zu viel sein.

 

„[E]in formal herausforderndes, angenehm verstiegenes Buch mit lauter schweren Zeichen, wie Bulimie, Gewalt, und überhaupt, dem ganzen furchtbaren Prozess des Reinwachsens in die ewig unerreichbare Schönheitsnorm. Man möchte es all jenen als Gegenbeweis verordnen, die meinen, die junge Gegenwartsliteratur sei müde in der Form und erschöpft im Inhalt.” (Süddeutsche Zeitung)

 

„Ein schwerwiegendes und schwereloses Debüt.” (Die Welt)


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Katerina Poladjan: ZUKUNFTSMUSIK (S. FISCHER)

 

# Vier Generationen
# russische Literatur
# Frauenleben

 

In der sibirischen Weite, tausende Werst östlich von Moskau, leben in einer Kommunalka auf engstem Raum Großmutter, Mutter, Tochter und Enkelin unter dem bröckelnden Putz einer vergangenen Zeit. Es ist der 11. März 1985, Beginn einer Zeitenwende, von der noch niemand etwas ahnt.
In welcher Ecke meines Zimmers sollte ich denn einsam sein?, fragt Maria Nikolajewna. Ihr Zimmer bewohnt sie mit Mutter, Tochter und Enkelin. In der Küche treffen die Bewohner der Gemeinschaftswohnung aufeinander, jede Partei hat einen Tisch, Länge und Breite sind vorgeschrieben, niemand darf bevorzugt werden. Es gibt einen Topf, in dem immer etwas köchelt, immer jemanden, der eine Meinung hat. Janka will hier ein Konzert geben, doch ihre Gitarre ist kaputt und ihr Freund unauffindbar. Großmutter Warwara geht zur Arbeit, obwohl keine Kollegin mehr auf sie wartet. Matwej bricht nach dem Vorfall mit einem Studenten seinen Arbeitstag ab und Maria bewacht im Museum die Vergangenheit. Dieser 11. März ist ein ganz normaler Tag in einer sowjetischen Kommunalka. Dass sich etwas ändern kann, glaubt niemand mehr. Und doch sind da die Hoffnung und das Begehren, und wer die Zeichen zu deuten wagt, hört im Radio ganz leise schon die Zukunft.
Katerina Poladjan ist eine genaue Beobachterin und Chronistin unserer Zeit und zeigt erneut, wie europäisch die deutschsprachige Literatur sein kann. ZUKUNFTSMUSIK ist ein zeitloser und humorvoller Roman, der sich der alten und hochaktuellen Frage widmet: »Was also tun?«.

Mit ZUKUNFTSMUSIK stand Katerina Poladjan auf der Shortlist für den Preis der Leipziger Buchmesse 2022 und wurde mit dem Rheingau Literatur Preis und dem Chamisso-Preis Dresden 2022 ausgezeichnet.

 

“Man könnte noch sagen, dass [Katerina Poladjan mit ZUKUNFTSMUSIK] ein ‘Buch der Stunde’ geschrieben hat, das man jetzt lesen muss, im Angesicht russischer Großmachtfantasien.” (DER SPIEGEL)

 

“Wo die großen Russen Wälzer schrieben, um ein Sittengemälde zu entwerfen, braucht Poladjan nur wenige wirkungsvolle Worte. ›Zukunftsmusik‹ ist ein großes Buch im Kleinen.” (Hannoversche Allgemeine Zeitung)


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Anna Yeliz Schentke: KANGAL (S. FISCHER)

 

# Generationenporträt
# Repression
# Familie

Ein furchtloser Roman über drei Leben in instabilen Zeiten. Von aktueller Unterdrückung und einer Generation, die auf der Suche ist: nach einer gemeinsamen Sprache, nach Sicherheit und Zugehörigkeit.: Dilek und Tekin sind ein junges Paar in Istanbul. Nicht erst seit dem Juli 2016 hat sich auch für sie die Stadt verändert. Als Dilek Jahre später in ein Flugzeug steigt, weiß ihr Freund nichts davon, niemand soll wissen, dass sie, die online »Kangal« heißt, bald in Frankfurt landet. Ayla ist überrascht, als ihre Cousine Dilek sich bei ihr meldet, die gemeinsamen Sommer sind lange her. Und während sich Tekin in Istanbul auf die Suche macht, fragt sich Ayla: Wer ist Dilek heute? Sie will ihr glauben, aber ist das, was Dilek fürchtet, auch wahr?
Anna Yeliz Schentke erzählt furchtlos und aufrichtig von der Freundschaft in instabilen Zeiten. Von aktueller Unterdrückung und von einer Generation, die auf der Suche ist: nach einer gemeinsamen Sprache, nach Sicherheit und Zugehörigkeit.

 

“‘Aber die Politik ist zu uns gekommen’, stellt eine der Protagonistinnen dieser vielstimmigen Reise fest, denn sich neutral zu halten ist im Zeitalter autoritärer Herrschaft nicht mehr möglich, in der Türkei, auch in Deutschland, das in das Geschehen in der Türkei verwickelt ist. Doch wie die Politik zu uns kommt, das zeigt Anna Yeliz Schentke in einem von Musikalität und Paranoia gleichermaßen befeuerten Geschehen, sie erzeugt in dem Netzwerk ihrer Figuren eine atemlose Spannung, in der es etwas herauszufinden gilt, vielleicht die eigene Position, vielleicht auch die eigene Lage und vor allem die der anderen.” (Kathrin Röggla)

 

 

Der S. Fischer Theater & Medien vertritt die Stoffrechte zur Dramatisierung an den Romanen. Für diese Titel stehen keine kostenlosen Ansichtsmaterialien zur Verfügung. Die Romane sind über den Buchhandel erhältlich.


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