»Jelineks Textflächen körperlich zu machen, ist eine Aufgabe, die nicht allen Regisseuren gelingt. Akal meistert sie glanzvoll. Langer Applaus nach knapp zwei Stunden«, schreibt Nachtkritik über Emre Akals erste Regiearbeit am Schauspielhaus Graz.
Durch permanente Perspektivwechsel und in gewohnt lustvollen Spracheskapaden stellt Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek in ihrem Theatertext SONNE / LUFT einmal mehr unsere gewohnten Annahmen auf den Kopf. Ja, der Mensch bedroht längst die Natur. Doch durch den Auftritt der »Göttinnen« wird unmittelbar auch die Macht spürbar, die die Natur nun besitzt.
Das künstlerische Team um Regisseur Emre Akal nimmt am Schauspielhaus Graz die Perspektive, aus der der Text geschrieben ist, beim Wort: Von einem Raumschiff im Weltall aus blickt die Gesellschaft auf den heruntergekommenen Planeten Erde. Dieser ist nicht nur örtlich weit weg, das Dasein auf ihm liegt auch zeitlich in der Vergangenheit. So versuchen die Menschen auf ihrer Reise an ein unbekanntes Ziel zu konservieren, was ihnen längst durch die Finger geronnen ist: die unberührte Umwelt, das echte Menschliche. Was wird passieren, wenn es die Umwelt, so wie wir sie kennen, nur noch als Erinnerung gibt? Und wo überhaupt befinden wir uns dann? Denn wenn die Welt untergeht, sind doch auch wir untergegangen. Oder nicht?
Regisseur Emre Akal und sein Team erforschen, wie man mit virtuellen Mitteln mit der Illusion spielt. Mit dem Duo Mehmet & Kazim, deren bildende Kunst von der Hiphop- und Graffitiszene beeinflusst ist, arbeitet er schon lang zusammen. Gemeinsam mit Lara Roßwag haben sie in einer innovativen und radikalen Ästhetik eine Welt erschaffen, die die analoge Bühnenrealität ins Digitale erweitert.
SONNE/LUFT ist als Österreichische Erstaufführung erstmals als vollständige Fassung mit beiden Teilen zu sehen.
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